Kasachischer Geheimdienst fand offene Türen beim Bundeskriminalamt
Erstaunen machte sich im April bei der Wiener Staatsanwaltschaft breit, als sich herausstellte, dass angebliche Wirtschaftspolizisten aus Kasachstan, die in der Causa Aliyev vorsprachen, in Wirklichkeit vom kasachischen Geheimdienst KNB kamen. Dabei handelt es sich um jene Geheimdienstler, die in Wien Jagd auf den früheren kasachischen Botschafter Rakhat Aliyew und dessen frühere Mitarbeiter machen.
Auch die Beamten des Bundeskriminalamtes zeigten sich erstaunt. Was verwundert. Denn die Beamten wissen seit Monaten genau, mit wem sie es zu tun haben.
Wie berichtet, werden gegen Aliyev – Ex-Schwiegersohn des kasachischen Herrschers Nursultan Nasarbajev – in Kasachstan schwere Anschuldigungen erhoben. Nachdem er in seiner Heimat kein faires Verfahren erwarten kann, verweigerte die österreichische Justiz die Auslieferung und muss nun selbst die Vorwürfe prüfen.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat deshalb die kasachische Generalprokuratur ersucht, Beamten des Bundeskriminalamtes Akteneinsicht zu gewähren.
Jetzt kommt der kasachische Geheimdienst KNB ins Spiel. Am 13. Dezember des Vorjahres tauchten zwei KNB-Agenten im Schlepptau von österreichischen Kriminalbeamten bei der Staatsanwaltschaft auf, und stellten sich als „Ermittler vor, die bei der Aktenbeschaffung dienlich sein könnten.
Bemerkenswert: Dem KNB ist es vor einigen Jahren gelungen, zwei Kriminalpolizisten zur Mitarbeit zu gewinnen, was mit gerichtlichen Verurteilungen für die beiden endete. Und jetzt geht alles offiziell. Rechtsanwalt Richard Soyer, Vertreter der kasachischen Regierung, sollte die Reise der österreichischen Beamten organisieren – zur Generalprokuratur, dachte Staatsanwältin Bettina Wallner. Das tatsächliche Reiseziel war aber die Geheimdienstzentrale des KNB (siehe Faksimile).
Bei einer Vorbereitungsbesprechung in Soyers Anwaltskanzlei am 22. April nahmen er, sein Mitarbeiter Lukas Kollmann, ein Beamter des Bundeskriminalamtes teil sowie KNB-Geheimdienstmann Ernar A. teil.
A. ist einer jener Agenten, der fünf Monate vorher mit den Beamten des Bundeskriminalamtes bei der Wiener Staatsanwaltschaft war. Es wurde ausgemacht, dass die Dienstreise ausschließlich zum KNB gehen werde.
Notbremse
Als ruchbar wurde, dass hinter der Aktion der kasachische Geheimdienst steckt, zog Staatsanwältin Bettina Wallner die Notbremse. In einem Schreiben an Soyer teilte sie mit, dass es ihr „gänzlich unverständlich“ sei. Sie gab Anweisung, die Reise sofort zu stoppen.
Soyer versuchte die Reise zu retten, indem er in einem langen Schriftsatz den KNB mit dem österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) verglich.
Anwalt Soyer wehrt sich auch im KURIER-Gespräch gegen den Vergleich des KNB mit einem kommunistischen Geheimdienst. Der kasachische Dienst wäre sehr wohl mit dem heimischen BVT vergleichbar, und hätte einen Teil der Erhebungen geführt.
Doch die Staatsanwaltschaft Wien bleibt hart. Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, erklärte dem KURIER, dass es sich erst im Laufe des Verfahrens herausgestellt habe, dass die angeblichen kasachischen Wirtschaftspolizisten vom Geheimdienst kamen. Und es werde auch in Zukunft keine Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst geben.
Seitens des Bundeskriminalamtes gab es keine Auskunft zur Kooperation mit dem Kasachen-Dienst – wohl aber noch am selben Tag einen Artikel in der Kronenzeitung, in dem die Analysetätigkeit der Kriminalisten gewürdigt wurde. Demnach wären diese nach der Durchsicht von 300 Stunden dauernden Videoaufzeichnungen von Vernehmungen zum Schluss gekommen, dass die in Kasachstan gegen Aliyev vorgebrachten Aussagen ein „hohes Maß an Glaubwürdigkeit“ hätten und dass auf Belastungszeugen kein Druck ausgeübt worden sei. Ein Bericht, den der zweite Kasachen-Anwalt, Gabriel Lansky, umgehend per Aussendung bekräftigte.
Verhöre
Lansky führte selbst Vernehmungen in Kasachstan durch. Das sei normal und nach kasachischem Recht zulässig, soferne es eine Behördenbewilligung gebe, erklärte der Anwalt dem KURIER. Ob Lansky im Jahr 2009 in Astana einem unbeeinflussten Zeugen gegenübergesessen ist, wäre aber zu hinterfragen. Was Lansky nicht wissen konnte: Der von ihm vernommene Zeuge wurde eine Woche lang in Isolationshaft auf das Gespräch mit dem Wiener Anwalt vorbereitet.
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