Chronik/Österreich

"Amerikaner erobern die Donau"

Eine Viertelstunde früher als erwartet legt das amerikanische Kreuzfahrtschiff "Viking Magni" Donnerstagvormittag im Melker Donauhafen an. Manche der Touristen schießen sofort die ersten Fotos vom Stift. Andere gönnen sich noch gemütlich ein Glas im Sonnenstuhl. Ein paar Eifrige warten bereits am Ausgang.

Einige Minuten müssen sie sich gedulden, ehe die "Viking Magni" festgemacht und die Rampe fixiert ist. Die Urlauber aus Übersee strömen von Bord. Freundlich, entspannt und begeistert von ihren bisherigen Eindrücken auf der Donau. "Die Landschaft ist einzigartig, und so viele kulturelle Sehenswürdigkeiten", schwärmt Cindy aus Kalifornien.

In der Gruppe geht es direkt zum Bus. Das traditionelle Ausflugsziel in Melk: Das barocke Benediktinerstift im Stadtzentrum. Die Ausflüge sind genau geplant. Ein Grund, warum Flusskreuzfahrten so beliebt sind. "Du hast jeden Tag Abwechslung und musst dich nicht um dein Gepäck kümmern", sagt der Pensionist Jack. Das Zimmer schwimmt also immer mit.

Nummer eins in Europa

375.000 Gäste sind im Vorjahr bei Flusskreuzfahrten auf der Donau unterwegs gewesen. Die Zahlen sind gegenüber 2013 um 17 Prozent gestiegen – auch, weil Donau-Hochwasser das Ausgangsniveau etwas gesenkt hatte. Die Beliebtheit der Schifffahrt ist weiterhin steigend, bestätigt Unternehmer Toni Aigner, der selbst mit einem Schiff auf dem Fluss unterwegs ist. Die Donau ist damit, noch vor der Wolga oder dem Rhein, der touristisch beliebteste Fluss in Europa.

Im Frühjahr ist eine der größten deutschen Kreuzfahrt-Anbieter in die Insolvenz geschlittert. Für die Gäste aus Deutschland sind die Amerikaner und Australier eingesprungen: Die Ausfälle wurden mehr als kompensiert. "Die Amerikaner erobern derzeit die Donau", sagt Aigner.

Doch nicht alle sehen den Kreuzfahrttourismus als Gewinn für die heimische Wirtschaft: "Diese Schiffsgäste konsumieren höchstens ein Glas Wein und lassen ihren Mist da", sagt Wolfgang Winiwarter, Obmann des Tourismusvereins von Weißenkirchen in der Wachau. Vor allem wegen der organisierten Ausflüge bleibe den Touristen wenig Zeit für individuelle Gestaltung, ehe das Schiff wieder ablegt, meinen andere.

In Melk herrscht eher Optimismus: "Es ist bei uns wetterabhängig", sagt Kellnerin Sarah Erber. Bei nicht allzu extremer Hitze sitzen die Touristen gerne im Gastgarten. In den Restaurants hält sich der Andrang hingegen in Grenzen. Schließlich erwartet die Schiffsgäste an Bord ein reichhaltiges Buffet, für das sie bereits bezahlt haben.

Keine Massenware

Töpfer Michael Pichler aus Melk lebt hingegen vom Geschäft mit den Urlaubern: "Ich mache damit rund 90 Prozent des Umsatzes." Dafür müsse man dem Kunden aber auch etwas besonderes anbieten. "Mit der Massenware wird man nicht punkten", ist der Unternehmer überzeugt.

Auch Donautourismus-Chef Bernhard Schröder will Unternehmer motivieren, ihre Chancen zu nutzen: "Wenn wir die Touristen begeistern, kommen sie wieder."

Die Kreuzfahrer waren vom Empfang und den Erlebnissen in Melk jedenfalls begeistert: "Es ist hier sicher, sauber und alle sind freundlich", fasst Chuck zusammen. Eine Wiederkehr kann er sich durchaus vorstellen. Dann aber eher mit dem Flugzeug, schließlich möchte er unbedingt einmal die Stadt Salzburg sehen. Und Cindy meint: "Hier gibt es noch so viel zu sehen, das reicht für zwei oder drei Urlaube."