Chronik/Oberösterreich

Überhöhung im Geistigen

Vier riesige Bilder zieren derzeit das Foyer des Linzer Brucknerhauses. "Ich habe neun Monate daran gearbeitet", sagt Künstler Rudolf Leitner-Gründberg. "Diese großen Formate haben mich sehr gereizt. Ich habe sie mit 40, 50 Skizzen vorbereitet, da bei Sechs-Meter-Bildern die Perspektivverzerrung enorm ist, wenn sie am Boden liegen. Ich wollte die Ausstellung schon mehrmals absagen, aber dann habe ich plötzlich gespürt, dass ich es in mir habe. Denn wenn ich nicht zufrieden bin, hänge ich die Werke nicht auf. Die Bilder haben mich Tag und Nacht beschäftigt. So intensiv haben mich Werke noch nie beschäftigt wie diese vier Bilder." Der Titel der Ausstellung ist Die Berührung der Welt.

Im Bild Die Erzählung der Dinge werde dem Betrachter durch die Reflexion des Sonnenlichtes eine Geschichte aus der vergangenen Zeit erzählt, die aber Gegenwart werde, sagt der 63-Jährige, der in Linz geboren und aufgewachsen ist. Seine Brüder führen die Steuerberatungskanzlei Leitner & Leitner. "Die Schwingung aus der Zeit ist mit der aus unserer Zeit gleich. Die geistige Substanz der Dinge hat keine Zeit. Sie kann aber wieder in eine Form schlüpfen." Diese Betrachtungsweise hänge mit dem Werk von Marcel Proust zusammen, der entdeckt habe, dass ein Erlebnis aus der Vergangenheit eine gleiche sinnliche Qualität habe wie ein Erlebnis der Gegenwart und sich die Zeit aufhebe. In dem Moment werde das Übernatürliche sicht- und spürbar. "In dem Moment sind wir nicht an die Zeit gebunden, auch nicht an den Tod. "Deshalb diese unglaubliche Beglückung." Man könne das als absolutes Glück bezeichnen.

"Meine Vision von Anfang an ist, dass ich ein Werk schaffen möchte, in dem sich viele Zeiten überschneiden und die Zeit überhöht wird. Ich habe das selbst zum ersten Mal beim Bild Der Schäfer und die Nymphe von Tizian erfahren."

Er habe als Kind zufällig eine Goldmünze in die Hände bekommen. "Sie hat mich so fasziniert, dass sie mich in eine andere Welt entführt hat. Das war wesentlich für das, was ich heute mache." Dass er in seinen Bildern viel Goldfarbe verwende, habe darin ihren Ursprung.

Schon als Kind und Jugendlicher fühlte er sich zumMalen hingezogen. "Mein Vater wollte das auf keinen Fall. Erst recht nicht, als ich Gold zum Malen verwenden wollte. Er sagte, wozu braucht Du das? Nimm’ doch die Farben!" Heute verwende niemand mehr Gold zum Malen, "was ich lächerlich finde", denn gerade das 20. Jahrhundert habe durchgesetzt, dass man mit allem Kunst machen könne.

Leitners goldfarbene Bilder vermitteln mit ihren hellen Farben Optimismus und Wohlgefühl. "Das rührt aus einem Urwesen in mir selbst, dem ich aber lange nicht getraut habe, dass man das machen kann. Ich will das nicht mit den Alltagsproblemen berühren. Ich empfinde meine Vision als meinen Lebensauftrag." Es gehe um eine Überhöhung im Geistigen. Zum Beispiel durch die Überwindung der Gegensätze der politischen Lager. "Jeder hat zu dieser Überhöhung Zugang. Das will ich."

Auch wenn seine Bilder wegen ihrer Größe teurer sind, "sind sie für alle da. Jeder, der seine Vision im Tiefsten erfüllt und formal umsetzt, macht etwas für alle Menschen."

Die Ausstellung im Brucknerhaus ist bis Ende November geöffnet. Rudolf Leitner-Gründberg lebt mit seiner Frau Barbara Leitner-Szapari (60) und den beidenKindern in Wolfsbach im Mostviertel. Sie haben den alten Pfarrhof umgebaut und als Atelier eingerichtet. Sie haben einen Kreis von Freunden, zu dem auch Peter Sonnberger, der frühere Direktor des Landesschulrates, gehört. Er hat wesentlich mitgeholfen, die Ausstellung zu organisieren.