"Staatenbund"-Prozess in Wels: Bedingte Haftstrafen
Im Landesgericht Wels sind am Mittwoch zwei mutmaßliche Staatsverweigerer auf der Anklagebank gesessen. Der 40-Jährige und die 45-Jährige, beide österreichische Staatsbürger und miteinander verheiratet, sollen seit 2017 für den „Staatenbund Österreich“ agitiert haben, deren „Präsidentin“ und ihr Stellvertreter mittlerweile unter anderem - nicht rechtskräftig - wegen der versuchten Bestimmung zum Hochverrat schuldig gesprochen worden sind.
Der 40-Jährige ist wegen versuchter Bestimmung zum Amtsmissbrauch, versuchter Nötigung und staatsfeindlicher Verbindung zu 15 Monaten, seine 45-jährige Frau wegen staatsfeindlicher Verbindung zu acht Monaten Haft verurteilt worden. Beide Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Das Urteil gegen die Frau ist rechtskräftig, jenes gegen den Mann nicht.
Die Frau sagte sinngemäß, sie habe vieles nicht hinterfragt. Der Mann legte, nachdem er den ganzen Prozess über geschwiegen und sein Verteidiger einen Freispruch gefordert hatte, im Schlusswort dann doch so etwas wie ein mehrminütiges Bekenntnis zu der Organisation ab.
"Weisenrat"
Den beiden in Wels Angeklagten wurde versuchte Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt, versuchte Nötigung sowie das Verbrechen der staatsfeindlichen Verbindung zur Last gelegt. Sie sollen sich etwa dafür eingesetzt haben, die Bundesregierung durch einen „Weisenrat“, die Verfassung durch ein „Regelwerk“ und die Justiz durch ein auf Selbstjustiz basierendes „Völkerrecht-Gericht“ nach ihren Vorstellungen zu ersetzen.
Die „Präsidentin“ ihrer Fantasieorganisation hätten die Angeklagten laut Staatsanwaltschaft als lebenslanges Staatsoberhaupt etablieren wollen. Sie sollen zudem versucht haben, Angehörige des Bundesheeres dazu zu bewegen, „Haftbefehle“ gegen Vertreter des Staates zu vollstrecken.
Das Paar soll auch einen Beamten im Parkgebührenreferat massiv bedroht und ihm Schadenersatzforderungen in astronomischer Höhe angekündigt haben. Die beiden wollten ihn so dazu bringen, ein Verwaltungsstrafverfahren gegen eine Frau - nicht die Angeklagte - einzustellen, wirft ihnen die Staatsanwaltschaft vor.
Forderten Freisprüche
Die Angeklagten bekannten sich nicht schuldig und die Verteidiger forderten gleich zu Beginn Freisprüche. Er wolle den „Staatenbund“ nicht bagatellisieren, so der Verteidiger, aber „die zwei Angeklagten waren nur zwei ganz kleine Lichter“, die nichts bewegt hätten. Die Verteidigerin der Frau sagte zudem, ihre Mandantin habe nur minimale finanzielle Beträge an die Organisation geleistet - insgesamt 95 Euro für Fantasiedokumente.
Das Ehepaar wurde getrennt voneinander befragt. Die Frau sagte, sie sei bei einer Infoveranstaltung gewesen und dort sei über ein bedingungsloses Grundeinkommen gesprochen worden. Das habe ihr gefallen. „Ich habe mich nicht ausgeklinkt, ich gehe arbeiten“, beteuerte sie, sie zahle auch ihre Steuern und Abgaben.
Warum sie die „Gründungsurkunde Schlüßlberg“ zur Errichtung einer „Staatenbund“-Gemeinde und jene zum „Regelwerk des Landes Österreich“ unterschrieben habe, wollte der Richter wissen und erntete nur Achselzucken. Auf die Frage, ob ihr Ehemann die treibende Kraft für ihre Mitgliedschaft gewesen sei, antwortete sie: „Muss ich mich dazu äußern?“ - und tat es nicht.
Schweigen
Der Mann schwieg die gesamte Verhandlung über. Als er gefragt wurde, ob er ein Schlusswort sprechen wolle, nahm er diese Gelegenheit dann - entgegen des ausdrücklichen Rats seines Anwalts, wie er sagte - doch wahr und schwadronierte einige Minuten über den „Staatenbund“. Er habe sich freiwillig der „verfassungsgebenden Versammlung“ angeschlossen.
Das Gericht wertete die Unbescholtenheit der Angeklagten als mildernd, sowie, dass es bei der Bestimmung zum Amtsmissbrauch und der Nötigung beim Versuch geblieben sei. Erschwerend seien demnach das Zusammentreffen mehrerer Vergehen bzw. Verbrechen zu rechnen. Für den Vorsitzenden sind die beiden eher „einfache Mitglieder“ gewesen, daher könne man die Strafen mit einer Probezeit von drei Jahren bedingt aussprechen. Die Frau nahm das Urteil an, daraufhin erklärte auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittelverzicht. Bei dem Urteil gegen den Mann erbaten beide Seiten Bedenkzeit.