Chronik/Oberösterreich

Oberkappel: Nachfolger für Landarzt gesucht

Idyllisch hat es Wolfgang Munzinger in seiner Ordination am schmucken Marktplatz der Gemeinde Oberkappel. Direkt vom Behandlungszimmer  blickt der Landarzt  auf die grünen Hügeln des Oberen Mühlviertels. Gräser und Wälder bewegen sich sanft im frühsommerlichen Wind.  „Wenn ich zu Hausbesuchen fahre, entdecke ich die schöne Landschaft stets von Neuem“, schwärmt der Mediziner im weißen Kittel, der bereits seit 16 Jahren als Gemeindearzt im 740-Seelen-Ort praktiziert.

Nachfolge

Kommende Woche wird er 65 Jahre alt. Ein Alter, in dem die meisten schon den Ruhestand angetreten haben. Für Munzinger, der vor seinem Medizinstudium bereits in Psychologie und Völkerkunde promoviert und vorher am Max- Planck-Institut München gearbeitet hat, ist die Pension allerdings noch kein Thema „So lange ich kann, werde ich auch arbeiten“, sagt der ursprünglich aus der bayerischen Landeshauptstadt stammende Doktor.

Zumal er sich schwertut, Nachfolger für die Ordination mitsamt einer eigenen Hausapotheke  in der Peripherie zu finden. Denn junge Mediziner seien meist nicht an einer Stelle in der Provinz interessiert. „Das ist traurig. Wir befinden uns in einer Umbruchsituation. Die Versorgung wird sich grundlegend ändern“, glaubt der Arzt. Zukünftig werde es nicht mehr in jeder Gemeinde einen eigenen Doktor geben. Bis dato hält er die Versorgung am Land noch für so gut, wenn nicht sogar besser, als in der Stadt. „Da  kommt es schon einmal zu Wartezeiten von drei Stunden. Bei uns können hingegen die Patienten gleich mit Medikamenten versorgt werden.“

Seine Gattin Barbara, die in der Ordination mitarbeitet, berichtet über  Vorurteile, mit denen der Berufsstand kämpft.  „Es heißt immer wieder, das muss ja arg sein. Als Landarzt ist man die ganze Zeit in Bereitschaft.“ Dabei sei das heute nicht mehr der Fall. Denn mehrere Gemeindeärzte teilen sich diese Dienste  auf.

Der liebe Gott

„Vor einigen Jahren gab es noch Überbleibsel aus der josephinischen Zeit.  Da gab es in der Bevölkerung die Auffassung, der Doktor ist wie der liebe Gott“, erzählt  der Gatte. Mittlerweile habe sich das Bild geändert. Die Bewohner seien überzeugt,   dass der Mediziner nicht rund um die Uhr für die Patienten da sein könne. Bereut habe Munzinger  nie, sich um die Stelle in Oberkappel beworben zu haben.

„Für Mutige ist das ein schöner, vielseitiger Beruf“, sagt der Doktor, der inklusive den Bereitschaftsdiensten zwischen 60 und 70 Stunden die Woche arbeitet.  Es sei aber nicht jedermanns Sache. „Wer einmal in der Nacht zu einem Unfall rausgeholt wird, reißt sich nicht mehr so sehr darum. Für viele ist es zu stressig,  Verletzte bei Dunkelheit im Straßengraben zu intubieren.“

Alltag

„Es ist nicht so wie im Fernsehen, wo der Landarzt drei Patienten am Tag hat, einen Porsche fährt und zwei Freundinnen hat“, fügt die Gattin  zum Arbeitsalltag im Mühlviertel hinzu. Für den Ehemann liegt der Reiz des Berufs vor allem in der Vielseitigkeit der Aufgaben und der Unabhängigkeit. Die Arbeit erfordere es,  die gesamte medizinische Bandbreite abzudecken.
„Als Landarzt muss man wissen, was zu tun ist. Und zwar sofort. Viele sind es durch die Ausbildung im Krankenhaus gewohnt, das Team zu befragen.“

Und obwohl derzeit keine Nachfolge in Sicht ist, zeigt sich Oberkappels  Bürgermeister Karl Kapfer  für die Zukunft zuversichtlich. Eine Person, die gerade ihren Turnus absolviert, soll  Interesse   daran haben, nach ihrer Ausbildung im Ort zu praktizieren.

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