Chronik/Oberösterreich

„Ich glaube, der Papa hat mit der Tat nichts zu tun“

Ich glaube zu wissen, dass es der Papa nicht getan hat“, erklärte Wolfgang D. am Montag den Geschworenen im Landesgericht Ried. Er war als Zeuge im Mordprozess Taufkirchen geladen und vollzog damit einen Meinungsschwenk um 180 Grad.

Der 45-jährige Sohn des Zweitangeklagten Leopold D. bzw. Onkel des geständigen Erstangeklagten Lukas S. hatte nach dem Mord an seiner Mutter Renate D. nämlich noch die Meinung vertreten, dass der 68-Jährige den 19-Jährigen zu der Tötung angestiftet habe. In einem Schreiben an den ORF belastete er den Vater massiv.

Wolfgang D. behauptete in dem offenen Brief, dass die Ehe der Eltern seit Jahrzehnten schwer zerrüttet war. Schuld daran seien die Seitensprünge des Vaters gewesen. „Meine Mutter hatte nicht die Kraft und den Mut, den im Ort hochangesehen Vater zu verlassen“, schrieb der Junior. Der ausgebildete Psychologe verwies auch auf den extrem engen Kontakt zwischen dem 68-Jährigen und Lukas, der sich mit dem Großvater völlig identifiziert habe. Wolfgang D. betonte, dass sein Vater ein „manipulativer Machtmensch“ sei, und er falls nötig vor Gericht gegen ihn aussagen werde.

Familienaufstellung

Davon war am Montag keine Rede mehr – der Sohn widerrief die ursprüngliche Aussage. „Ich hab’ mich angesichts der Ausnahmesituation im Stress zu der Formulierung hinreißen lassen“, erklärte Wolfgang D. Sein Vater sei kein manipulativer Mensch, er sei nur sehr engagiert gewesen. Falls der 68-Jährige aber noch wie früher eine außereheliche Beziehung unterhalten hätte, wäre es für ihn vorstellbar gewesen, dass er in die Tötung involviert ist. Nun sehe er aber keinen Grund mehr, warum der Vater sich den Lebensabend derart ruinieren sollte. „Die Ehe hat sich zuletzt stark gebessert.“ Die angebliche Aufforderung zum Mord („Die Oma muss weg“) sei außerdem viel zu vage. Wolfgang D.: „Nach einer Familienaufstellung bin ich der Auffassung, dass mein Vater mit der Tat vermutlich nichts zu hat.“

Lokalaugenschein

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Am Abend reisten die Geschworenen nach Taufkirchen, wo die Tat nachgestellt wurde. Zuerst betraten die Geschworenen das unscheinbare Einfamilienhaus am Rande des Ortszentrums der 3.000-Einwohner-Gemeinde. Dann wurden der Großvater und der Enkel ins Gebäude geführt, in dessen Esszimmer noch heute ein Foto des Mordopfers und zwei Kerzen an das Gewaltverbrechen. "Armer Teufel", sagte eine der wenigen Schaulustigen, als der 19-jährige Angeklagte an ihr vorbeiging. Der Großvater beschrieb in der Folge sein Heimkommen nach der Bluttat und wich in seinen Schilderungen abermals von jenen in früheren Einvernahmen ab. Warum er zuerst Polizei und Rettung alarmiert und erst dann seine bewusstlose Frau näher betrachtet habe, fragte die Richterin. "Ich weiß nicht wieso", antwortete der Mann, der erst später bemerkt haben will, dass die 68-Jährige mit offenem Schädel am Boden lag. "Dann war's für mich aus."

Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.