Chronik/Oberösterreich

Medizinstudium in Linz: „Zuwarten grenzt an Fahrlässigkeit“

Von rund 5000 Bewerbern ergatterten im Vorjahr 740 Nachwuchsärzte einen Studienplatz an der Medizinischen Universität Wien. Von ihnen kommen 100 Studenten in den drei Universitätsstädten Wien, Innsbruck und Graz aus Oberösterreich – nur wenige kehren nach ihrer Ausbildung zurück, so Wolfgang Stampfl, Projektleiter der Organisation MedUni Linz. „Es ist fünf nach zwölf", warnt der Jurist.

Aus Uni wird Fakultät

Der Ärztemangel droht Oberösterreich in den nächsten zehn Jahren mit voller Wucht zu treffen. „Vor fünf Jahren wurden wir ausgelacht, als wir auf dieses Problem aufmerksam gemacht haben. Heute muss uns die Bundespolitik endlich ernst nehmen." Der Vorschlag zu einer Medizinischen Universität samt 250-seitiger Machbarkeitsstudie bekam bei Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle im April eine Abfuhr. „Der Minister zweifelt am Finanzplan für die nötigen 27 Millionen Euro", heißt es aus der Medizinischen Gesellschaft für Oberösterreich.

Schnell wurde umformuliert: Eine Medizinische Fakultät, angebunden an die Linzer Johannes- Kepler-Universität (JKU) wäre denkbar, hieß es dann. Dies sei ein Kompromiss, auf den man sich einlassen wolle, so Stampfl. Durch Synergien mit der JKU  ließen sich vom Minister gescheute Kosten einsparen. 300 Studenten könnten im Endausbau aufgenommen werden.

Töchterle spricht von einem „Keimling" am Standort Linz. Er wolle dem Land „die Tür zu einer schrittweisen Entwicklung öffnen". Es gelte vorerst abzuklären, ob es überhaupt einen Bedarf gibt, sagt der Minister unbeeindruckt von den Zahlen, die die Medizinische Gesellschaft vorlegte.

Nicht vertretbar

Peter Niedermoser, Präsident der oö. Ärztekammer, lässt sich nicht entmutigen. „Steter Tropfen höhlt den Stein. Wir waren noch nie so weit wie jetzt", ist er optimistisch. Ungeduldiger zeigt sich Josef Kramer, Vorstandsmitglied der oö. Medizinischen Gesellschaft als treibende Kraft für das Projekt MedUni Linz. „Weiteres Zuwarten ist in Anbetracht der Zahlen sozial nicht vertretbar. Das grenzt an Fahrlässigkeit."

Für Präsident Albert Kröpfl liege es nun an der Landespolitik, Druck zu machen. Landeshauptmann Josef Pühringer habe seine volle Unterstützung zugesagt. „Die Zahlen sind evident, es muss endlich ein Machtwort gesprochen werden." Selbst wenn die Fakultät schon im Jahr 2014 mit der Lehre beginne, könne man frühestens 2026 mit ausgebildeten Fachärzten rechnen. Bis dahin sei es zu spät, warnt Karl Lehner, Vorstandsdirektor des Spitalsträgers gespag.

„Wenn wir es nicht schaffen, das Ministerium zu überzeugen, werden wir die medizinische Versorgung, die wir heute genießen, nicht aufrecht erhalten können." Laut Kalkulationen der gespag könnte es schon 2020, wenn eine Pensionierungswelle der Ärzte kommt, eng werden. Derzeit formiere sich eine Kommission, bestehend aus Vertretern von Land und Bund, erklärt Stampfl. Diese werde die Machbarkeit der Fakultät an der JKU prüfen. Auch das aus Oberösterreich kalkulierte Modell der Finanzierung werde genau unter die Lupe genommen.

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