Urlaub im Schweigekloster? Bitte, sofort, gerne – und sehr lange!
Stille wird unterschätzt. Ich merke immer erst, wie sehr ich sie brauche, wenn es rund um mich (oder auch in mir) viel zu lange laut ist. Nun ist das in der Rushhour des Lebens ein Dauerzustand: beschallt werden, kommunizieren, diskutieren, zuhören. Alles super und wichtig und trotzdem oft in Summe zu viel.
Stille als kostbares Gut
Wer Kinder hat, weiß: Stille ist ein kostbares Gut. Kinder, zumindest die meisten, die mir unterkommen, haben ein großes Mitteilungsbedürfnis. Es soll ja Exemplare geben, die den Mund beim ersten Weckerläuten aufmachen und ihn erst wieder in Kombination mit den Augen abends schließen. Kenne ich nicht nur vom Hörensagen, erlebe ich täglich live und in Farbe, Dauerbeschallung als Hintergrundrauschen.
Dabei passiert nichts Schlimmes, es wird halt einfach durchgehend geredet, gefragt, erzählt, gesungen, gesummt, kommentiert. Wenn die anderen beiden dazu in fieser Dezibelhöhe streiten, zerrt das an meinen Nerven, und zwar gewaltig.
Der absolute Traumurlaub
Soziale Medien scheinen meine Misere zu verstehen, derzeit werden mir ständig Werbungen für Gehörschutz - „Alltagstauglich, dämpft nur die Lärmspitzen!“ - angezeigt, mein Kauf-Finger zuckt schon verdächtig, lang bleibe ich nicht mehr stark. Bis ich einknicke und die Lieferung kommt, die mich lärmtechnisch in Watte packt, fantasiere ich weiter von meinem absoluten Traumurlaub: Eine Woche im Schweigekloster. Das wissen auch die Kinder. Wenn es daheim wieder mal drunter und drüber geht, fragt manchmal eine von dreien: „Stimmt’s, du wärst jetzt gerne im Schweigekloster!“ Oh ja!
Bis dahin schnaufe ich jedes einzelne Mal bewusst tief durch, wenn ich alleine im Wald oder sonst wo in der Natur bin.