„Die Herren vom Verbund sollen nach Hagenau kommen“
Die Luft ist modrig, die Wände sind noch immer nicht ganz trocken, am Boden kleben Reste von Schlamm. Zwei Meter hoch stand das Wasser im ehemaligen Gasthof Fellner in Hagenau Anfang Juni. Die Flut verwüstete die ganze Siedlung.
Sechs Wochen später geht es um die Aufarbeitung der Katastrophe: Im Veranstaltungssaal haben 60 Bewohner von Hagenau Platz genommen, wollen von Landesrat Rudi Anschober wissen, wann sie absiedeln können, welche Schutzmaßnahmen geplant sind, wie es weitergeht. Der Grün-Politiker steht vorne, schickt gleich voraus: „Es hat keiner absichtlich Fehler gemacht. Es geht jetzt darum, aus der Katastrophe zu lernen, nicht darum, einen Schuldigen zu finden.“
Dass keine Fehler passiert sind, will in Hagenau niemand glauben. „Die Herren sollen sich einmal anschauen, was hier passiert ist“, fordert ein Hochwasseropfer, dass Vertreter des Kraftwerksbetreibers Verbund zu einem Lokalaugenschein in den Ort kommen. Anschober verspricht ein „Rotes Telefon“ zwischen Verbund und Landeskristenstab beim nächsten Hochwasser.
Ob sich der Verbund an die Wehrbetriebsordnung gehalten hat, wird derzeit von der Universität Kassel überprüft, außerdem erarbeiten Experten ein detailliertes Modell der Hochwasserkatastrophe. Am Ende soll eine Art Film entstehen, der zeigt, von wo wie viel Wasser kam.
„Alles schön und gut“, sagt ein Bewohner, „aber wir haben nicht fünf Jahre Zeit. Was ist, wenn in drei Monaten wieder ein Hochwasser kommt?“ Anschober bittet um Geduld, er erwarte im September erste Zwischenergebnisse. Dann soll auch geklärt sein, welchen Objekte in Hagenau für eine Absiedelung infrage kommen.
„Und wie viel bekommen wir für unsere Häuser, wer bestimmt das?“, spricht ein Betroffener die Frage aus, die vielen unter den Nägeln brennt. Der Landesrat verspricht faire Angebote, verweist auf die guten Erfahrungen aus dem Machland. „Die Schätzungen werden von nur einem Gutachter durchgeführt. Alle müssen gleich behandelt werden.“„Und wo sollen wir hin? Für uns ist es wichtig, dass wir in der Nähe von Linz bleiben. Fast jeder von uns hat dort seinen Arbeitsplatz“, fragt eine Hagenauerin. „Wie wärs denn mit Klaffer?“, wirft ein Mann ein.
Der Scherz sorgt nur für kurze Erheiterung, auch weil viele gar nicht aus Hagenau wegwollen. „Ich möchte mein Haus hochwassersicher machen und ich lasse mich sicher nicht als dumm bezeichnen, weil ich hierbleiben will.“
Aus dem Katastrophenfonds haben viele Hagenauer bereits Geld erhalten. Die Unterstützung erfolge in der Regel in drei Tranchen, erklärt Katastrophenschutzlandesrat Max Hiegelsberger (ÖVP) auf KURIER-Anfrage. Private Spenden würden nicht in den Fonds fließen.