Chronik/Oberösterreich

„Die unterschiedlichen Tonalitäten in der FPÖ sind bereichernd“

Die Brüder Hubert und Erwin Schreiner führen die freiheitliche Landesorganisation. Hubert (54) ist seit 1992 Landesgeschäftsführer und verantwortlich für Budget, Personal und Wahlkampfplanung. Erwin (51) ist seit 2014 Landesparteisekretär, zuständig für die Kommunikation. Zuvor war der Andorfer 14 Jahre Bezirksparteisekretär in Schärding.

KURIER: Lassen Sie sich gegen Corona impfen?

Erwin Schreiner: Wir Freiheitliche sind keine Corona-Leugner und Impfgegner. Wir wollen, dass die Regierung und der Gesundheitsminister offen und ehrlich über die Vor- und Nachteile aufklären. Das ist ihre Pflicht. Es ist die persönliche Entscheidung jedes Einzelnen, ob er sich impfen lässt. Wir sind gegen einen Impfzwang. Ich werde mich wegen meines persönlichen Umfelds impfen lassen.

Hubert Schreiner: Ich habe nichts gegen Impfungen, ich bin gegen gewisse Sachen geimpft. Es braucht einmal einen Plan, wann wer zur Impfung dran ist, und es braucht Aufklärung. Prinzipiell bin ich nicht dagegen, aber ich werde mich erst zur gegebenen Zeit entscheiden. Wer sich nicht impfen lässt, darf jedenfalls keine persönlichen Nachteile erleiden.

Wenn man sich die Aussagen von Klubobmann Herbert Kickl anhört, kann man den Eindruck gewinnen, er gehört zur Gruppe der Corona-Leugner.

Erwin Schreiner: Wir als FPÖ sind seit jeher eine föderale Partei. Kickl agiert auf Bundesebene und ist Obmann des Parlamentsklubs.

Parteiobmann Norbert Hofer argumentiert anders.

Erwin Schreiner: Es ist das Schöne an der freiheitlichen Partei, dass es unterschiedliche Tonalitäten gibt. Aber die Leitlinien sind gleich, die Freiheit der Bürger, die Grundrechte und Werte wie Heimat und Tradition. Alle bewegen sich innerhalb dieser Leitlinien. Eine Demokratie braucht eine funktionierende Opposition, die die Mängel der Regierung aufzeigt.

Landtagsklubobmann Herwig Mahr hat sich öffentlich von der Kritik Kickls an der Bestellung von Martin Kocher zum neuen Arbeitsminister distanziert. Erschwert Kickl nicht Ihre Arbeit?

Hubert Schreiner: Nein. Wir empfinden unterschiedliche Zugänge in der freiheitlichen Partei als sehr bereichernd. Wenn wir diese Bandbreite und Vielfalt an Ideen pflegen, heißt es sofort, wir streiten. Es wird gesagt, Oberösterreich gegen den Bund, es wird ein Keil hineingetrieben. Wenn die anderen Fraktionen das machen, gilt es als Vielfalt und Pluralität. Wir sind in Oberösterreich in der Regierung und in Wien in Opposition. Im Parlament geht es auch einfach härter zu.

Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner ist zwar Koalitionspartner der ÖVP, kritisiert aber massiv die Corona-Politik. Ist diese Doppelgleisigkeit nicht ein Problem für die Wahlkampfstrategie?

Erwin Schreiner: Überhaupt nicht. Das eine ist die Bundespolitik, das andere die Landespolitik. Die Corona-Politik ist eine Bundesmaterie. Die Landespolitik hat die Vorgaben des Bundes umzusetzen.

Die Corona-Politik von Thomas Stelzer und Christine Haberlander ist aber eine andere als die von Haimbuchner.

Hubert Schreiner: Wir arbeiten in Oberösterreich sehr korrekt zusammen, auch auf persönlicher Ebene. Wir sind nun einmal unterschiedliche Parteien. Wenn wir mit Entscheidungen der Bundesregierung nicht einverstanden sind, bringen wir das zum Ausdruck. Die ÖVP macht das nicht öffentlich, sie macht es anders.

Was ist Ihr Ziel für die Landtagswahl im Herbst?

Hubert Schreiner: Wir wollen deutlich über 20 Prozentpunkten liegen und zweitstärkste Kraft bleiben.

Und die Koalition mit der ÖVP fortsetzen?

Hubert Schreiner: Wir wollen mitgestalten. Wir haben gezeigt, dass wir gut gearbeitet haben. Wir haben mit Haimbuchner einen erfahrenen Wahlkämpfer an der Spitze. Obwohl er der Jüngste ist, macht er nun seinen dritten Landtagswahlkampf. Seine Mitbewerber treten alle zum ersten Mal an.

Erwin Schreiner: Wir werden aber nicht um jeden Preis in eine Koalition gehen.

2015 hat die FPÖ ihren Stimmenanteil verdoppelt, was wesentlich mehr Geld bedeutet. Wie ist die Organisation ausgebaut worden?

Hubert Schreiner: Alle Bezirksorganisationen sind mit angestellten Mitarbeitern ausgestattet. Wir haben in jeder Bezirkshauptstadt eine Bezirksgeschäftsstelle. Wir haben in Oberösterreich mehr als 2.000 Gemeinderäte und mehr als doppelt so viele Ersatzgemeinderäte. Sie gehören vor Ort betreut und unterstützt.

Weiters haben wir die Social-Media-Kanäle verstärkt.

Erwin Scheuer: Manfred Haimbuchner steht für eine Politik nah am Bürger.

ÖVP und FPÖ haben gemeinsam seit Jahren laut Umfragen eine Zweidrittelmehrheit. Es haben sich aber die Gewichte innerhalb dieses Mitte-rechts-Blockes verschoben. Weg von der FPÖ, hin zur ÖVP. Die Schwarzen liegen zwischen 40 und 44 Prozent, die Blauen zwischen 20 und 25 Prozent. Somit nehmen Ihnen die Schwarzen die Stimmen, die mit Ihnen koalieren. Die ÖVP ist Ihr Hauptgegner, nicht wahr?

(Beide lachen)

Erwin Schreiner: Umfragen sind immer Momentaufnahmen, man muss sich ansehen, wer sie in Auftrag gegeben hat. Die Situation mit dem ehemaligen Bundesparteiobmann (H. C. Strache, Anm.) war nicht von Vorteil. Man tut sich natürlich leichter, wenn man von Bundesseite einen Rückenwind hat.

Hubert Schreiner: Wir wissen das Ergebnis erst am Wahltag. Bis dahin fließt noch viel Wasser die Donau hin unter.

Sie erwecken den Eindruck eines Optimisten.

Hubert Schreiner: Ich bin aufgrund der Struktur des Landes und aufgrund unseres Spitzenkandidaten optimistisch. Er trifft die Tonalität der Bürger und holt sie ab. Wir in Oberösterreich sind im Vergleich mit den anderen Bundesländern konstant über 20 Prozent. Da liegen wir weit vor allen anderen. Warum soll das nun anders werden?

Erwin Schreiner: Die gesamte Partei ist in Oberösterreich geeint und fährt einen erfolgreichen Kurs

in der Landesregierung. Haimbuchner steht für Beständigkeit, genießt hohes Vertrauen und hat einen hohen Bekanntheitsgrad. Er ist ein Fels in der Brandung. Damit kann man einen erfolgreichen Wahlkampf führen.

Hubert Schreiner: Der Oberösterreich-Plan schafft Arbeitsplätze. Die freiheitlichen Regierungsmitglieder gestalten hier wesentlich mit.

Die Bundespartei liegt österreichweit laut Profil-Umfrage bei 16 Prozent, also deutlich unter den Werten für die FPÖ OÖ.

Hubert Schreiner: Vor ein paar Monaten lagen wir bei 11 Prozent. Die Richtung stimmt.

Wie viele Prozentpunkte machen Sie im Herbst? 25 Prozent?

Erwin Schreiner: Anfang 2015 lagen unsere Umfragewerte ähnlich wie heute. Dann ist in einem Dreivierteljahr sehr viel passiert. Jetzt ist Corona das wichtigste Thema. In einem halben Jahr kommen die wirtschaftlichen Folgeschäden für viele kleine und mittlere Unternehmer. Es gibt viele, die schon fast ein Jahr in Kurzarbeit sind und dadurch ein geringeres Familieneinkommen haben. Es gibt viele Leistungsträger, die arbeitslos sind.

Von diesen Themen erhoffen Sie sich Auftrieb.

Erwin Schreiner: Es gibt weitere Themen wie den Islamismus. Und momentan hat man den Eindruck, dass weltweit das Geld abgeschafft worden ist. Es muss aber zurückbezahlt werden. Auf die Fragen haben wir die richtigen Antworten. Bis zum Herbst kann noch viel passieren.