Chronik/Oberösterreich

Eine Lichtgestalt und ihr analoges Kino aus der guten alten Zeit

Georg Kügler, 58, bezeichnet sich selbst als „Lichtgestalt“. Wer sein Reich in Linz betritt, begibt sich auf Zeitreise in längst vergangene Tage. In seinem Programmkino Cinematograph spannt der Kunsthistoriker meist Filmstreifen aus der Zeit von 1895 bis 1950 in die schweren Filmapparaturen.

Doch nicht nur altes Zelluloid zeugt von einer anderen Ära. Die Karten rechnet der Inhaber an einer wuchtigen Registrierkassa ab. Sein nach geöltem Holz riechender Vorführsaal ist mit 35 Stühlen bestückt – jeder mindestens 100 Jahre alt. Neben der Leinwand hängt ein Schild mit der Aufforderung, sich zu benehmen: „Nicht auf den Boden spucken!“ Derartiges kommt aber nie vor: „Meine Besucher sind Schöngeister.“

Passender Rahmen

Seit 20 Jahren flimmern im Cinematograph Streifen über die Leinwand, die Kügler bei Archiven ordert. Alte Filme zu spielen, bedeutet ihm seit 1993 ein Bedürfnis. „Ich habe mir gesagt, es ist schade, dass man die Klassiker nirgendwo mehr sehen kann. Und wenn, muss es in passendem Rahmen stattfinden.“

Den besonderen Reiz der Werke mache ihre formidable Bildsprache aus. „Jedes einzelne Bild ist durchkomponiert und man könnte jede Szene als Poster an die Wand hängen.“ Drehbücher, Schauspieler und Dialoge seien exzellent – anders als heute. „Kino ist eine große Technikschlacht geworden.“ Meist stünden spektakuläre 3-D-Effekte im Vordergrund.

„Ein Klassiker wie ‚High Noon‘ von Fred Zinnemann ist kammerspielartig angelegt. Wenn der Held auf den Zug mit dem Killer wartet, spielt sich das Geschehen in Echtzeit ab“, schwärmt Kügler. Im Sommer bleibt der Cinematograph geschlossen – Kügler lenkt dann die Dampflokomotive der Achenseebahn in Tirol. Alte Dinge sind überhaupt seine Leidenschaft. „Wenn bei analogen Gegenständen etwas kaputt geht, weiß ich im Gegensatz zu den digitalen, was ich reparieren muss.“

Wobei: Weniger anstrengend wäre das Filmvorführen mit moderner Technik allemal. 23-mal musste er einmal bei der Vorführung des US-Historienfilms „The Birth of a Nation“ die Rollen wechseln. „Da artet das Ganze in echte Arbeit aus“, lacht er.

Ab Dienstag läuft ein dreiwöchiger Kurs über die Kunst des Filmvorführens. Beginn: 18.30 Uhr. Tel.: 0680/2453598.

Fotos von Picturenews.at