Chinesische Bahn-Mauer: Widerstand gegen ÖBB-Projekt
„Bald erlebt man bei uns die nächste Chinesische Mauer.“
Mit Sarkasmus wird in Leonding über ein anstehendes Großprojekt der ÖBB gewitzelt. Die Bahn plant nämlich im Zuge des viergleisigen Lückenschlusses der Westbahn zwischen Linz und Wels den oberirdischen Ausbau mitten durch Leonding. Mächtige Lärmschutzwänden sollen den Bahnlärm abfangen, würden aber gleichzeitig Oberösterreichs viertgrößte Stadt regelrecht in zwei Teile zerschneiden.
Während die Bundesbahnen durch einen positiven UVP-Bescheid für das Projekt beflügelt wurden, formiert sich in der Region westlich von Linz noch einmal geballter Widerstand dagegen. Momentan wartet man gespannt auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtshofs. Dort werden die Beschwerden gegen den im Frühjahr ausgestellten positiven UVP-Bescheid für das Teilstück Linz-Marchtrenk abgearbeitet.
Bei einer Bürgerversammlung schworen sich Donnerstagabend die Leondinger Bürgerinitiative, die Bürgermeister der drei Gemeinden Leonding, Pasching und Oftering, sowie die Vertreter einer agrarischen Flurschutzinitiative auf den gemeinsamen Widerstand ein. Das 780 Millionen Euro teure Teilstück Linz-Marchtrenk müsse in etlichen Punkten umgeplant werden, verlangen die Initiativen. In Leonding verlangt man die Einhausung und Tieferlegung der Trassen links und rechts des Bahnhofs auf einer Gesamtlänge von 800 Metern.
Stärke
„Dass wir gemeinsam gewichtige Argumente haben, hat sich bei der dreitägigen Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht gezeigt“, sagt Leondings Bürgermeisterin Sabine Naderer-Jelinek. Das Urteil wird in den kommenden Wochen erwartet. „Sollte der UVP-Bescheid nicht aufgehoben werden, erwarten wir zumindest drastische Auflagen für die ÖBB“, so die Stadtchefin.
Der Kampf um die Einhausung dauert bereits seit 2004. Sogar die Bereitschaft der Stadt, ein Drittel der Kosten bis zu 30 Millionen Euro mitzuzahlen, prallte an den Bundesbahnen ab.
Unterstützung
„Noch dazu hat auch das Land erneut bekundet, dieselbe Summe einzubringen. Mir ist keine Stadt bekannt, die den ÖBB solche Mittel beistellt“, beklagt Naderer-Jelinek. Ob man nach einem möglichen negativen Urteil gemeinsam mit den Verbündeten das Rechtsmittel der Revision bzw. den Gang zum Verfassungsgerichtshof einschlägt, kann die Bürgermeisterin noch nicht sagen. Die Nachbargemeinden kämpfen gegen den Verlust bestehender Haltestellen, die Flurschützer um den Erhalt von 50 Hektar Ackerland.
Bei den ÖBB verweist man auf die absolute Dringlichkeit, den zweispurigen Flaschenhals auf der Westbahn zwischen Linz und Wels zu beseitigen. ÖBB-Sprecher Karl Leitner erklärt auch, dass Leonding zudem mit viel zu niedrigen Kostenschätzungen für die Einhausung operiere. Zudem habe die Stadt ihre Planungsunterlagen zu spät eingebracht.