Betrugsanzeige gegen Gutachter
Von Jürgen Pachner
Christian Geretsegger, der Vizepräsident des Landesverbandes der gerichtlich zertifizierten Sachverständigen, sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert.
Am 3. August wurde gegen ihn Strafanzeige wegen Verdachts des Betruges erstattet: Der viel beschäftigte Psychiater und Neurologe soll im Fall Jenö Molnar (das 66-jährige ehemalige Heimkind hat, wie berichtet, das Land Oberösterreich wegen „institutionalisierten Unrechts“ auf 1,6 Millionen Euro Entschädigung geklagt) ein „vorsätzlich falsches Gutachten“ ausgestellt haben.
Verdacht
In seiner Expertise hatte Geretsegger 14 neurologische Testverfahren aufgelistet, die er am 17. April bei Molnar durchgeführt haben will. „Unauffällig“, lauteten die jeweiligen Befundergebnisse. Dem Landesgericht Linz, das die Untersuchungen in Auftrag gegeben hatte, stellte er im Juni eine Gebührennote in Rechnung.
Allerdings: Molnar behauptet, dass der Primar diese Tests (u. a. „Knie-Haken-Versuch“, „Ein-Bein-Stand“, „Romberg-Tretversuch“ und „Unterberger Tretversuch“) gar nicht durchgeführt hat. Er reklamiert, dass für deren Durchführung beispielsweise eine Versuchsliege hätte vorhanden sein müssen, die es in Geretseggers Praxis angeblich aber nicht gab.
Auch seien etwa beim „Unterberger-Tretversuch“ (50 Schritte mit geschlossenen Augen gleichmäßig auf der Stelle treten) die Bewegungsabläufe mittels Kamera aufzuzeichnen und müssten durch entsprechende Computerauswertungen nachweisbar sein. Auch das sei nicht geschehen.
„Ich war nicht länger als eine Stunde in Geretseggers Praxisräumen. In dieser Zeit musste ich mehrere Fragebögen ausfüllen und ihm meine Krankengeschichte schildern“, sagt Molnar. Hätte es dazu noch körperlich stark beanspruchende Testverfahren gegeben, wären sie ihm sicherlich in Erinnerung geblieben. „Ich sehe nicht ein, dass er Geld für Befunde kassiert, die er nicht gemacht hat“, sagt Molnar.
Dementi
Geretsegger weist im KURIER-Gespräch sämtliche Anschuldigungen zurück. „Ich habe Herrn Molnar deutlich länger als zwei Stunden untersucht“, versichert der Neurologe. Er besitze auch eine Ordinationsliege, auf der Molnar sitzend Platz genommen habe. „Es war aber nicht erforderlich, dass er sich darauflegt.“ Den „Unterberger-Tretversuch“ mit einer Kamera aufzuzeichnen, sei für einen klinischen Routineversuch außerdem völlig sinnlos. „Bei Molnar gab es keine Hinweise auf neurologisch-pathologische Symptome, eine aufwendige Untersuchung war daher nicht notwendig.“
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