Chronik/Oberösterreich

„Alkoholisiert“ ist Ansichtssache

Bei uns gehen Telefon und Mailbox über“, sagt Christian Hölzl vom Österreichischen Tierschutzverein. Die Bevölkerung sei verunsichert. Man wisse nicht mehr, ob man ruhigen Gewissens im Wald spazieren gehen könne. Es könnte ja ein Jäger mit verschwommenem Blick und der Waffe im Anschlag am Hochstand lauern. Solche Ängste mögen übertrieben sein, aber für Hölzl sind sie das Resultat einer Reihe von Jagdunfällen, die in den vergangenen Monaten durch die Medien kursiert sind.

Im November 2012 wird ein Spaziergänger im Bezirk Braunau von Schrotkugeln getroffen. Im Dezember muss ein 52-Jähriger nach einem Treffer am Herz notoperiert werden. Im Jänner schießt ein 61-jähriger Jäger seinem Bruder bei der Fuchsjagd aus Versehen mit Schrot ins Gesicht. Der Unfall endet relativ glimpflich, während am selben Tag, es ist der 20. Jänner, ein 21-jähriger Jagdhelfer in Niederösterreich tödlich getroffen wird.

Polemische Zurufe

„Wir sind keine schießwütigen Psychopathen und Alkoholiker“, wehrt sich der oö. Landesjägermeister Sepp Brandmayr gegen die polemischen Zurufe an seinen Berufsstand. Weil der Todesschütze aus Niederösterreich alkoholisiert war, wurde der Ruf nach einem Alkoholverbot bei der Jagd laut. Davon halten die Weidmänner freilich wenig.

Bei der Landesjägermeister-Konferenz am Montag kam man zu einem einstimmigen Beschluss, berichtet Sepp Brandmayr aus Oberösterreich: „Die Jagdausübung im alkoholisierten Zustand ist verboten.“ In Niederösterreich ist das bereits in der Jagd-Unfallverhütungsvorschrift verankert. Nun gilt sie in allen Ländern.

Nur, ob ein Weidmann nach einer, zwei oder drei Halben Bier zur Jause alkoholisiert ist, liege im eigenen Ermessen, ist Brandmayr überzeugt. „Wir können ja wohl schlecht Alkomaten im Wald aufstellen“, sagt er.

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Hölzl, Jurist und Sprecher des Tierschutzvereins, pocht aber auf einer gesetzlichen Regelung: „Wo bleibt die Handhabe für die Polizei, wo die Sanktionierung? Nicht auszudenken, wenn es im Straßenverkehr auch nur ,Empfehlungen‘ gäbe.“ Trotz seiner vehementen Forderung nimmt er die Jägerschaft in Schutz: „Es hilft in der Sache nicht weiter, auf sie hinzuhauen. Eine vernünftige Lösung muss im Interesse aller sein.“
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Der oö. Landesjägermeister steht der Diskussion offen gegenüber. Ob die interne Vorschrift hält oder ob der Gesetzgeber doch noch ein Alkoholverbot verankert, lasse sich nicht abschätzen. Er ist aber überzeugt: „Die Jagdprüfung ist extrem streng in Bezug auf Verlässlichkeit und eine perfekte Handhabung der Waffe . Der kleinste Fehler reicht und man fällt durch.“