59 Millionen Plastiksackerl
Wegen horrender Umweltschäden und stark belasteter Weltmeere will die EU den Plastiksackerln an den Kragen. Eine Richtlinie soll künftig verbieten, dass Konsumenten ihr Obst und Gemüse in den Supermärkten in die sogenannten „Knotenbeutel“ packen können. Diese dünnen und leichten Sackerl mit einer Wandstärke von weniger als fünfzig Mikrometer machen rund 90 Prozent aller Plastiksackerl aus.
Die verbrauchten Plastiksackerl-Mengen sind dabei enorm und zugleich regional sehr unterschiedlich. In Europa werden jedes Jahr acht Milliarden Plastiksackerl weggeworfen. Während laut Schätzungen ein Däne oder Finne nur vier Kunststofftaschen pro Jahr verwendet, liegt dieser Wert in Österreich bei 51. Die Polen, Portugiesen oder die Slowaken verwenden dagegen satte 470 pro Jahr und Bürger.
Freiwillige Schritte
Nach Angaben von Umweltlandesrat Rudolf Anschober werden jährlich in Oberösterreich rund 59 Millionen Plastiksackerl in Umlauf gebracht. „Meist wird das Plastiksackerl nur ein einziges Mal zum Tragen von Einkäufen verwendet, dann weg damit“, kritisiert Anschober. Es sei nicht nur eine unnötige Verschwendung von Ressourcen, sondern verursache zudem auch noch überflüssige CO2-Emissionen. Viele Supermarktketten haben indes freiwillige Schritte gesetzt und bieten Plastiksackerln aus recycelten Kunststoff an. Auch Papier- und Stofftaschen oder biologisch abbaubare Plastiktüten aus nachwachsenden Rohstoffen hängen unter oder neben den Kassen.
Vielfache Nutzung
Doch die Sachlage dabei ist etwas kompliziert. Damit die Alternativen im Wettbewerb mit den rohölbasierten, herkömmlichen Plastiktüten nämlich bestehen, müssen diese laut Experten vielfach wiederbenutzt werden. Sonst ist die Ökobilanz ihrer viel aufwendigeren Herstellung schlechter als die der Plastiktasche. Daher ist auch von den Konsumenten ein echtes Umdenken gefordert.
Eine wirkliche günstige Alternative für die sogenannten dünnen „Knotenbeutel“, die auch von Konsumenten breit angenommen werden, wurde aber noch nicht gefunden. „Die Knotenbeutel einfach nur zu verbieten geht nicht. Es sollte von der EU auch eine praktikable Lösung angeboten werden“, sagt beispielsweise Nicole Berkmann, Sprecherin der Spar AG. Es sei eine politische Entscheidung, heißt es bei der Rewe-Group. „Wenn es eine gute Alternative dafür gibt, sind wir offen“, sagt Ines Schurin von Rewe. „Grundsätzlich begrüße man Schritte in diese Richtung“, erklärt auch die Hofer AG.
Ablenkungsmanöver
Georg Rathwallner, Konsumentenschützer in der Arbeiterkammer OÖ, sieht in den dünnen Plastiksackerl kein zentrales Umweltproblem. „Das ist wie mit der Glühbirne. Ich denke, die EU will damit von viel wesentlicheren Umweltproblemen ablenken“, erklärt Rathwallner. In Österreich werden die Plastiktaschen im Unterschied zu beispielsweise Asien gesammelt und Müllverbrennungsanlagen zugeführt, da sie dort gebraucht werden. „Ob ich Öl direkt in diese Verbrennungsanlage zufeuere oder in Form von Sackerln, macht in der Energiebilanz keinen Unterschied, nur, dass ich bei letzterem noch einen Nutzen habe“, argumentiert Rathwallner. Leider funktioniere aber die Entsorgung in vielen Ländern nicht so wie bei uns. Generell sind Plastiksackerl nur ein Teil der Problems. So werden in Oberösterreich pro Jahr in Summe rund 29.000 Tonnen Plastik-Verpackungen entsorgt. Etwa die gleiche Menge an Plastik landet im Restmüll. Zusammen entspricht das knapp einem Viertel des gesamten Abfallvolumens.