Chronik/Niederösterreich

Verzweiflungstat aus Angst vorm Pflegeheim

Ich kann es nicht verstehen. Es war keine Rede davon, dass meine Mutter in ein Pflegeheim eingewiesen werden soll." Michael S. aus Ternitz im Bezirk Neunkirchen ist nach dem Mord an seiner 85-jährigen Mutter Walpurga S. fassungslos. Die bereits gebrechliche Pensionistin wurde am Sonntag in ihrer Wohnung von ihrem 79-jährigen Bekannten Alois K. mit einem Schal erdrosselt. Der Täter erhängte sich anschließend im Nebenzimmer mit einem Seil.

Die beiden Senioren kannten einander seit Jahrzehnten, sie waren früher gemeinsam bei der Post beschäftigt. Seit rund zwei Jahren kümmerte sich Alois K. um die alte Frau. Er schlief auch regelmäßig in ihrer Wohnung in Ternitz. Weil der 79-Jährige allerdings selbst sehbehindert und gebrechlich war, hatten beide davor Angst, in ein Pflegeheim eingewiesen zu werden, hieß es beim Landeskriminalamt. „Beide lehnten das ab", sagt Chefinspektor Leopold Etz.

Letzter Anruf

Am Wochenende kam es daher zu der Verzweiflungstat. Alois K. hatte sich Samstagabend telefonisch bei seiner Ehefrau, die ebenfalls in Ternitz wohnt, gemeldet und sich von ihr verabschiedet. Diese wusste zunächst nicht genau, was ihr Ehemann im Schilde führt. Nachdem sie bis Sonntagnachmittag nichts von ihm gehört hatte, fuhr sie zusammen mit ihrem Sohn zur Wohnung von Walpurga S., um nach dem Rechten zu sehen. Die 85-Jährige saß zusammengesackt auf einem Sessel im Schlafzimmer. Ein Schal war mehrmals um ihren Hals geschlungen. Der Mann hatte sich beim Eingang zum Badezimmer erhängt.

Familie

In der Wohnhausanlage herrscht nach der Tat Fassungslosigkeit. „Es war eigentlich oft jemand von der Familie da, der sich um die Frau gekümmert hat. Hie und da hat man sie ja auch noch spazieren gehen ge­sehen. Schrecklich so etwas", sagt Hauswart Bernhard Seyser. Der Sohn der Getöteten versteht nicht, wieso Alois K. geglaubt hat, dass die Pensionistin in ein Heim eingewiesen werden sollte. „Davon war keine Rede. Meine Mutter war zwar gebrechlich, aber sie hatte auch schon eine Pflegekraft, die sich um sie gekümmert hat. Vielleicht hat Alois geglaubt, dass er sich selbst nicht mehr lange um sie kümmern kann", sagt Michael S.