Chronik/Niederösterreich

Trend Esel: Eine Fachtagung soll Missverständnisse ausräumen

Zum ersten Mal in der Geschichte des Ordens treten zwei Schwestern in die Brüdergemeinschaft des Wiener Neustädter Kapuzinerklosters ein: Clara und Franzi sind vor genau einer Woche bei den Brüdern angekommen. Neugierig erkunden sie jede Ecke ihres neuen Zuhauses. Klarstellungshalber sei gesagt: Es handelt es sich um zwei dunkelbraune Eselstuten aus dem Weinviertel.

Das Interesse, vor allem an der artgerechten Haltung der Tiere, sei in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, meint Ulrike Sparber vom IA-AUSTRIA, die 2002 gegründete Interessengemeinschaft österreichischer Eselfreunde (IAA): „Der Esel wird nicht mehr einfach nur als Rasenmäher gehalten, sondern als Haustier, mit dem man spazieren und wandern geht. Das hängt sicherlich auch mit dem Trend zur Entschleunigung zusammen“, so Sparber.

Lange Tradition

Warum da jetzt plötzlich zwei Esel im Garten des einzigen Kapuzinerklosters in Niederösterreich herumstehen, ist für Bruder Marek Król selbsterklärend: „Jahrhundertelang sind unsere Bettelbrüder mit dem Esel als Lasttier in der Welt herumgezogen, um für die Armen zu sammeln. Mit den beiden Eseln im Kapuzinerkloster wollen wir an diese Tradition erinnern und zeigen, dass es unsere Aufgabe ist, uns für alle Menschen, die Hilfe benötigen, einzusetzen.“

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Anlässlich der Niederösterreichischen Landesausstellung „Welt in Bewegung“, die in genau zwei Wochen eröffnet wird, hat sich nämlich auch das Kapuzinerkloster unter dem Motto „Christen in Bewegung“ neu positioniert. Da war es naheliegend, die Tradition der „Kapuzineresel“ wieder aufleben zu lassen.

Ausgegangen ist der Impuls zur Initiative vom Kulturreferenten des niederösterreichischen Pferdesportverbandes (NOEPS). Der Verband bemüht sich um den Erhalt der Geschichte des Pferdesports im Bundesland.

So wird am 6. und 7. April die „Erste österreichische Eselfachtagung“ in Wiener Neustadt abgehalten. Dabei stehen sowohl kulturgeschichtliche Vorträge zum Thema „Der kluge Esel – einst und jetzt“ als auch Informationsveranstaltungen zum richtigen Umgang mit dem Tier auf dem Programm.

Klüger als gedacht

Ziel der Fachtagung ist es, den schlechten Ruf, der dem Esel vorauseilt, ins rechte Licht zu rücken. Denn der Esel sei klüger, als so mancher denkt, klärt Otto Kurt Knoll vom OEPS auf. „Der Esel wird meist aus Unwissenheit von Menschen als störrisch oder stur verkannt. Dabei ist er aufgrund seines intelligenten Wesens ideal einsetzbar für tiergestützte Therapien. Auch Workshops mit Eseln zur Förderung von Führungsqualitäten im Managementbereich oder zur Steigerung der Konzentrationsleistungen bei Kindern sind im Kommen.“

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Mehr Mitglieder

Der IA-AUSTRIA zählt derzeit rund 120 Mitglieder, die rund 1000 Tiere halten. Das sind jedoch nur geschätzt 25 bis 30 Prozent aller Eselhalter in Österreich. Ob die Zahl der Tiere in Österreich in den vergangenen Jahren gestiegen ist, ist unmöglich zu sagen. Was jedoch gewachsen ist, ist die Mitgliederzahl des IA-AUSTRIA und somit das Interesse der Eselhalter an den Tieren.

Clara und Franzi werden weder für therapeutische Zwecke noch zum Reiten oder Kutschenfahren verwendet, sondern dienen allein repräsentativen Zwecken – oder anders gesagt, dürfen sie ihren Lebensalltag im Klostergarten genießen. Bruder Król, gleichzeitig diplomierter Tierkrankenpfleger, wird die Pflege für die Beiden übernehmen.

Bis die Tiere der Öffentlichkeit präsentiert werden können, brauchen Clara und Franzi aber noch Zeit zum Einleben. Spätestens zur Eröffnung der Landesausstellung am 31. März dürfen Eselliebhaber die „Kapuzineresel“ besuchen kommen.