Chronik/Niederösterreich

Salzburg will Containerdorf für Asylwerber

Mit ihrer Drohung, diese Woche mit der Planung von Containderdörfern für Asylwerber zu starten, hat Innenministerin Mikl-Leitner für Aufregung gesorgt. Aus den Ländern kommt nun Kritik: „Den Vorstoß mit Containerdörfern und Zeltlagern für Asylwerber halte ich für peinlich“, kritisierte Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler die Ministerin. Er ortet „Wahlkampftrommeln aus Niederösterreich.“ Kärnten werde keinesfalls Containerlösungen brauchen, die 150 Plätze werde man bis Monatsende schaffen.

In Salzburg ist sich die zuständige Landesrätin Tina Widmann da nicht so sicher: „Wir müssen 170 Plätze schaffen und haben noch keine fixen Zusagen.“ Die Innenministerin sei zum falschen Zeitpunkt vorgeprescht. Man bemühe sich sehr, „aber ich kann nicht garantieren, dass wir bis 30. November alle Plätze schaffen.“ Eine Containerlösung ist für sie vorstellbar. „Die Container-Alternative war der Grund, warum ich am Asylgipfel zugestimmt habe.“ Sie habe selbst zwei Jahre in Containern unterrichtet.

In Oberösterreich meint Landes-Vize Josef Ackerl, er habe bereits „etliche Mietvereinbarungen abgeschlossen“, suche aber weiter nach geeigneten Hotels oder Pensionen. Er ist zuversichtlich, keine Container zu brauchen. „Aber der Druck der Ministerin war entbehrlich.“

Indes gibt es positive Nachrichten aus dem überfüllten Erstaufnahmezentrum Traiskirchen: Ihre Schultüten in Händen, besuchten am Montag erstmals Flüchtlingskinder neu eingerichtete Schulklassen. In Deutsch, Englisch und Mathematik werden die 28 Volks- und 21 Mittelschüler von drei Lehrerinnen unterrichtet.

Das ist...?", fragt die Frau Lehrerin und hält das Bild einer Katze in die Höhe. "... die Katze", antwortet ein junges Mädchen mit Kopftuch. "Eine Katze", korrigiert die Pädagogin. Die Taferlklassler lernen schnell. Es ist ihr erster Schultag in der Erstaufnahmestelle Traiskirchen.

Am Montag nahmen im Flüchtlingslager zwei Klassen ihren Betrieb auf. Eine für Volksschüler, eine als Dependance der Neuen Mittelschule. Die Wände der Volksschulklasse sind bunt bemalt. Vorne steht eine grüne Schultafel. Hinter den üblichen Bankreihen wurden Sesselkreise gebildet, in denen die Lehrkräfte spielerisch die Grundzüge der deutschen Sprache vermitteln wollen.

Eigentlich sollten Schulklassen in der Erstbetreuungsstelle Traiskirchen obsolet sein. Denn seit 2004 besteht eine Vereinbarung des Bundes mit den neun Ländern, die das Flüchtlingslager entlasten sollte. Nach der Erstaufnahme (medizinische Untersuchungen und Behördenverfahren), müssten die Asylwerber eigentlich binnen drei Wochen in privaten Quartieren in den Ländern untergebracht werden. Flüchtlingskinder sollten dort die Schule besuchen. Maximal 480 Personen, so der Plan, würden in der Betreuungsstelle Ost in Traiskirchen wohnen.

1411 statt 523

Diese Vereinbarung wird jedoch von sieben der neun Bundesländer (wieder) nicht eingehalten. 1411 Asylwerber waren gestern in Traiskirchen. 888 davon hätten schon längst in die Obhut der Länder übergeben werden sollen. An einer Lösung des Problems wird eifrig gearbeitet.

Den Kindern scheint die Problematik in ihrer neuen Schule herzlich egal. "Mein Name ist Jawid", sagt ein Volksschul-Bub aus Afghanistan beim Lernspiel im Sesselkreis. Der kleine Mann freut sich über das anerkennende Lob der Lehrerin. Er teilt seine Klasse mit Kollegen aus Pakistan, Tschetschenien und anderen Ländern.

Möglich wurden die beiden "Brückenklassen" durch eine Kooperation der Stadt Traiskirchen und des Landes Niederösterreich (Lehrkräfte) und des Innenministeriums (Schulräume). Ein privater Spender aus Wien und das Finanzamt Eisenstadt stellten die Schulmöbel zur Verfügung. "Der Schulbetrieb wurde in kürzester Zeit umgesetzt", erklärt Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck. Auch die im Traiskirchner "Haus der Frauen" untergebrachten Mütter und alleinstehenden Frauen haben ihren Beitrag geleistet. "Sie haben die Schultüten gebastelt, die heute jedes Kind bekommen hat", sagt Grundböck. Stolz haben vor allem die Kleinsten die bunten Tüten vor sich her getragen.

"Wir freuen uns, dass die Betreuungsmöglichkeit da ist."


Alle Inhalte anzeigen
"In der ersten Schulwoche wird versucht einzustufen, wo die Kinder sprachlich stehen", sagt Andreas Babler, SPÖ-Stadtrat aus Traiskirchen. "Wir freuen uns, dass die Betreuungsmöglichkeit da ist." Neben den drei Lehrerinnen sollen auch Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Dolmetscher in den Unterricht eingebunden werden. Der Lehrplan sieht Deutsch, Englisch und Mathematik vor. Mehr ist in dem Schulprovisorium für die derzeit 28 Volks- und 21 Mittelschüler nicht geplant. Franz Schabhüttl, Leiter der Traiskirchner Betreuungsstelle, sieht die beiden Klassen als "Vorbereitung auf die Schulpflicht, die die Kinder dann in den Bundesländern haben".

Nicht nur Kinder drücken die Schulbänke. Auffallend viele Eltern, meist Mütter, wohnen dem Unterricht bei. Man erkennt den Stolz in ihren Augen, wenn ihr Kind die Frage der Frau Lehrer richtig beantwortet. Mit der Konzentration ist es vorbei, als Fotografen - ausnahmsweise - die Klasse betreten dürfen. "Hallo" und "Grüß Gott" schallt es aus den kleinen Mündern. Der Anordnung, Kinder nur von hinten zu fotografieren, ist kaum nachzukommen, weil sich die immer wieder umdrehen, um den Männern hinter den großen Objektiven zuzulächeln und zuzuwinken.

Um 11 Uhr ist für die Volksschüler Essenszeit. Die Schule ist für heute zu Ende, die Mittelschüler haben eine Stunde länger Unterricht. Die Fotografen und Journalisten werden mit "auf Wiedersehen" oder einem verschmitzten "Tschüss" verabschiedet. Morgen, Dienstag, geht es um 8 Uhr wieder los. Kommenden Donnerstag haben die Schüler allerdings frei. "Weil auch hier der Landesfeiertag gilt", sagt Stadtrat Babler. Somit lernen die Taferlklassler gleich auch den niederösterreichischen Landespatron Leopold kennen, dem zu Ehren sie auf die willkommene Abwechslung im novembergrauen Traiskirchen verzichten müssen. Heimatkunde sozusagen.