Rettungsversuche aus dem Kanzleramt für Drogerie-Riesen
Von Patrick Wammerl
Vergangenen Juni verliehen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache Erwin Müller (85), dem Chef der gleichnamigen Drogeriekette, noch das „Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern“ für seine Verdienste um Österreichs Wirtschaft. In Wiener Neustadt hat das öffentliche Ansehen des Milliardärs gehörig gelitten. Weil die Drogeriekette ihren Standort in bester Innenstadtlage in der neu sanierten Fußgängerzone Wiener Straße aus „wirtschaftlichen Gründen“ schließen will, hat Kurz beim Firmenchef höchstpersönlich interveniert. Bürgermeister Klaus Schneeberger lässt in der Angelegenheit nichts unversucht, um den so wichtigen Frequenzbringer in der krisengebeutelten Innenstadt nach der angekündigten Schließung des Möbelhauses Leiner nicht auch noch zu verlieren.
Das Datum für das mögliche Müller-Ende in der Fußgängerzone ist denkbar ungünstig. Nachdem die Geschäfte durch den monatelangen Umbau und die Generalsanierung des Straßenzuges mit Umsatzeinbußen zu kämpfen hatten, rechnete man durch die am Samstag erfolgte Eröffnung mit neuem Aufschwung.
Müller residiert in der Wiener Straße auf drei Stockwerken. Schneeberger hat sich beim Vermieter des Objekts sogar für eine Mietreduktion eingesetzt. Seit Freitag laufen dazu Gespräche. Allerdings hat die Drogeriekette bereits einen Großteil ihrer 40 Mitarbeiter an dem Standort gekündigt. Zum Teil unter fragwürdigen Umständen. Ein Zusteller soll sich auf das Grundstück einer im Krankenstand befindlichen Mitarbeiterin geschlichen und dort fotografiert haben, um die Zustellung der Kündigung zu dokumentieren. Die Frau will das Vorgehen beim Arbeitsgericht anfechten.
Versammlung
Am Dienstag findet bei der Arbeiterkammer in Wiener Neustadt eine Informationsveranstaltung für die betroffenen Müller-Mitarbeiter statt. Nur 15 sollen die Möglichkeit bekommen, in eine der anderen 77 Filialen in Österreich zu wechseln. Nur zwei kommen für den weiteren Standort in der Merkur-City in Wiener Neustadt infrage. Die Gewerkschaft bekrittelt, dass die Drogeriekette erst im vergangenen Jahr die Gründung eines Betriebsrats im Keim erstickt hat.