Rätsel um vermisste Mutter
Mama ist in den Wald gegangen. Papa hat sie getragen“, soll die fünfjährige Letischa zu ihrer Großtante Busaba gesagt haben. „Dann hat sie sich erschrocken die Hand auf den Mund gelegt, als hätte sie mir gerade ein schlimmes Geheimnis erzählt“, erzählt die 42-Jährige. Letischa und ihre Schwester Anna-Maria (3) lebten damals, vor etwa einem Jahr, bei einer Pflegefamilie. Ihr Vater stand unter Mordverdacht. Ihre Mutter, Chettana Taprap (33), ist seit 12. Juni 2012 vermisst.
„Seither ist kein Tag vergangen, an dem wir uns nicht mit ihrem Verschwinden beschäftigt haben“, sagen Busaba und Franz Strebinger aus Neunkirchen (NÖ). Sie haben auf eigene Faust ermittelt, sind jedem kleinen Hinweis nachgegangen und haben ein Video vom Besuch bei den Kindern in Ingolstadt (Bayern), wo die Mutter zuletzt mit ihnen gelebt hat, an die Polizei weitergegeben. Darin soll auch Anna-Maria gesagt haben, dass ihre Mama tot sei.
Die Indizien dafür, dass die Thailänderin Opfer eines Gewaltverbrechens wurde, sind ins Leere gelaufen, ärgern sie sich. Die deutschen Behörden haben das Verfahren eingestellt. Vorläufig, erklärt Oberstaatsanwalt Helmut Walter: „Die Aussagen der Kinder waren nicht verwertbar. Es gibt keine neuen Ermittlungsansätze, der Fall ruht bis auf Weiteres.“
Rückblick: Chettana war seit der Geburt der zweiten Tochter vom Kindsvater getrennt. Laut seinen Angaben traten sie am 4. Juni 2012 mit den Kindern eine Urlaubsreise nach Kroatien an. Weil der VW-Bus kurz nach der Grenze im Salzburger Flachgau streikte, steckten sie fünf Tage in Radstadt fest und reisten dann mit einem Leihauto weiter. Nach einer Nacht auf der Insel Rab meldete er Chettana als vermisst. Sie sei von einem Strandspaziergang nicht zurückgekehrt, sagte der 35-Jährige damals zur Polizei.
Nur: Auf Rab hat niemand die Frau gesehen. Im Ferienapartment gibt es keine DNA-Spuren von ihr. Auf Überwachungsvideos der Grenzkontrolle ist der Beifahrersitz leer. Franz Strebinger glaubt: „Chettana ist nie in Kroatien angekommen. Sie war vorher tot.“
Suchaktion ohne Erfolg
Das glaubten lange Zeit auch die Ermittler. Als der Ex-Freund nach der Vermisstenanzeige überstürzt die Heimreise antrat, wurde er festgenommen. Ein Blick ins Fahrtenbuch des Leihautos brachte einen grausigen Verdacht: Der 35-Jährige dürfte in jenen Tagen im Flachgau mehr als 400 Kilometer herumgefahren sein. Hat er ihre Leiche irgendwo verscharrt?
„Bei mehreren Suchaktionen hat man nie eine Leiche gefunden und es gibt keine anderen Spuren als die, die man schon ergebnislos ausgewertet hat. Der Fall ist mehr als rätselhaft“, sagt ein Polizist.
Der ehemals Hauptverdächtige lebt mit den Mädchen in Ingolstadt. „Wir haben sie seit einem Jahr nicht gesehen. Solange ihr Vater das nicht erlaubt, haben wir keine Chance“, sagt Franz Strebinger.