Mit 76 hat man noch Träume
Anton Gierer aus Neumarkt an der Ybbs, Bezirk Melk, sitzt auf seinem Hometrainer, hinter ihm eine Wand aus Pokalen, vor ihm läuft Eurosport im Fernsehen. Gierer schwitzt, er bereitet sich auf das größte Abenteuer seines Lebens vor.
Der 76-jährige Pensionist träumt davon, nächstes Jahr am Race Across America (RAAM) teilzunehmen. Das Radrennen, das von der Westküste der Vereinigten Staaten zur Ostküste verläuft, gilt als die Herausforderung überhaupt für Biker. 4800 Kilometer müssen zurückgelegt werden. Hitze, Kälte und ein Minimum an Schlaf bringen die Teilnehmer bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.
Die Herausforderung reizt Gierer. Schließlich hat er schon alles gewonnen was es zu gewinnen gibt. In der Seniorenklasse können ihn nur wenige abhängen. Vier Weltmeistertitel lassen jeden Zweifel offen, dazu kommen noch unzähligen Medaillen von Sportveranstaltungen rund um den Globus. „Ich will einfach nur gewinnen, die Medaillen interessieren mich dabei eigentlich gar nicht.“
Dabei ist der leidenschaftliche Radler ein Spätstarter. Erst mit 50 schwang er sich rennmäßig auf den Drahtesel. „Ich hatte Knieprobleme, das Joggen war nichts mehr für mich“, erzählt er. Bei den ersten Versuchen wurde er abgehängt, doch Gierer ließ nicht locker. Steigerte sich rein, wurde immer schneller. Schließlich spulte er jährlich 16.000 Trainingskilometer ab und nahm an bis zu 35 Bewerben teil. „Jetzt sind es nur noch 24. Man wird ja nicht jünger“, lacht er. Die olympischen Spiele, die heuer in Turin stattfinden, sind aber nach wie vor fix eingeplant. „Ich fahre hin, um zu gewinnen“, zeigt sich der Neumarkter immer noch sehr selbstbewusst.
Sponsoren
Doping, das auch bei den Senioren-Rennen eine Rolle spielt, ist für ihn kein Thema. „Ich wüsste gar nicht, wo man das Zeugs kaufen könnte.“ Er setzt auf ein legales Aufputschmittel und trinkt vor dem Start ein Red Bull. „Das genügt, ich will ja meinem Körper nicht schaden.“
Ob der 76-jährige Seriensieger tatsächlich quer durch die USA strampeln wird, hängt aber hauptsächlich vom Geld ab. Gierer und seine drei Kollegen, die vier wollen ein Team bilden, sind auf die Hilfe von Sponsoren angewiesen. „Wir benötigen zehn Betreuer, die Kosten dafür belaufen sich auf immerhin 40.000 Euro“, berichtet er.
Das Radfahren wird den Pensionisten wohl nicht mehr loslassen. „Es hält mich fit und hier oben ist auch noch alles in Ordnung“, sagt Gierer und klopft sich auf den Kopf. „Denn das Radfahren kannst du ausüben bis du tot bist“, betont der sympathische Oldie und strampelt fleißig weiter.