Chronik/Niederösterreich

Melker "Oma" für ihren Einsatz für Flüchtlinge geehrt

Für sie ist sie einfach nur „die Oma“. So nennen die aus ihren Heimatländern geflüchteten und in Melk gestrandeten Menschen Elisabeth Gizicki-Merkinger. Seit acht Jahren reicht die 72-Jährige in dem seit 2009 existierenden Verein „Begegnung Heute in Melk“ denjenigen, die die Stadt am Tor zur Wachau als ihre Wahlheimat nennen, die Hand.

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Vor wenigen Wochen wurde ihr Einsatz und jener ihrer Vereinsfreunde gewürdigt: Gizicki-Merkinger nahm den renommierten Intercultural Achievement Award 2023 (IAA) in der Kategorie „Sonderpreis Integration“ entgegen, der vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten vergeben und vom Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) gestiftet wird. Dankbar sind ihr viele, sie umgekehrt aber auch.

„Ich habe die besondere Situation gehabt, dass ich 2015 von Wien nach Melk gezogen bin – gleichzeitig mit den Flüchtlingen. Und wären die nicht gewesen, hätte ich nicht vom Start weg die besten Leute von Melk kennengelernt. Ich sage ihnen deshalb heute noch Danke“, erzählt Gizicki-Merkinger, die Melk als eine Insel der Seligen bezeichnet.

Unwürdige Unterkünfte 

Eine Insel, die 2015 von einer Welle überschwemmt wurde. „Damals kamen sehr viele Flüchtende, die man teilweise in Containern unterbringen musste. Es waren feuchte, schimmelige Unterkünfte, in die ein Österreicher wahrscheinlich nicht gezogen wäre. Wir mussten uns sehr bemühen, andere Unterkünfte für sie zu finden“, sagt Gizicki-Merkinger.

Und man half den Menschen, in den Alltag zu finden: Gemeinsame Einkäufe wurden organisiert, aber auch der Gang zu den Ämtern begleitet. „Wir haben dazu ein Konversationscafé installiert, zu dem die Leute zwei-, dreimal in der Woche gekommen sind. Dort haben wir uns die Tageszeitungen hergenommen und die darin vorherrschenden Themen diskutiert.“

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Religion als Thema

Gesprochen wurde viel, auch über die Religion – nicht zuletzt deshalb, weil das Konversationscafé in einer Pfarre angesiedelt ist. „Wir haben angefangen, die Religionen zu vergleichen, und stellten bald fest, dass sie eigentlich dieselben Wurzeln und Ziele haben. Die vielen Gemeinsamkeiten haben uns alle überrascht“, erinnert sich die Flüchtlingshelferin. Und sie weiß: „Wenn man das Gemeinsame herauspickt, dann kommt man zu einer Feststellung: Es geht sehr gut miteinander. Da gibt es keine Reibereien.“

Award
Der Intercultural Achievement Award wird vom Bundesministerium und vom Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) gestiftet. Er zeichnet erfolgreiche und innovative zivilgesellschaftliche Projekte aus.

Preisträger
Neben "Begegnung Heute in Melk" wurde die Initiative "Vienna Hobby Lobby" ausgezeichnet. Diese ermöglicht eine kostenlose Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendliche aus sozioökonomisch benachteiligten Schichten.

Für eine gelungene Integration brauche es aber Respekt, und zwar von beiden Seiten. Bei 70 Prozent der Personen, die sie betreut hat, würde Gizicki-Merkinger den Integrationsprozess als gelungen bewerten. „Die anderen, die nicht dazugehören, sind eigentlich jene, die nicht verstanden haben, dass die Teilhabe an der Arbeit bei uns sehr wichtig ist“, findet die 72-Jährige.

Enge Bande

Ein perfektes Rezept für eine gelungene Integration habe sie noch nicht gefunden. Aber: „Wenn die Leute, die zu uns gekommen sind, dann noch auf uns zugehen und uns genauso in ihre Familien einbeziehen, wie wir das bei uns machen, dann ist es gelungen“. Mit sichtlichem Stolz erzählt sie von einem für sie speziellen Ereignis: „Ich bekam eine Einladung zu einer syrischen Hochzeit mit fast 1.000 Leuten, wo ich die einzige Österreicherin war. Es war ein tolles Erlebnis“, erinnert sie sich.

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Anfeindungen habe Gizicki-Merkinger für ihr Engagement keine erfahren. Auch wenn viele Menschen nicht nachvollziehen können, warum ihr Integration so ein Herzensanliegen ist. „Ich betreute mal eine tschetschenische Familie, die leider immer wieder negativ auffiel. Der Vater fragte mich einmal mürrisch: ‚Warum machen Sie das überhaupt?‘ Ich antwortete: ‚Ich mache das für meine Kinder und Enkel. Denn wenn das Miteinander gut geht, wird es meinen Kindern auch gut gehen‘“. Im Nachhinein gesehen sei sie froh, dass der Mann sie das gefragt habe. Für sie sei das ein Zeichen gewesen, dass er Interesse habe. „Das bringt auch weiter“, sagt Melks „Oma“.