Chronik/Niederösterreich

Fall Wastl: Angeklagter belastet jetzt den Ehemann massiv

Zuerst ziert sich der Angeklagte. „I schaff des net“, sagt Erich Weissenböck und schiebt das Mikrofon weg. Gut einstudiertes Theater? Einem Kriminalfilm abgeschaut? Denn was der 42-Jährige am Montag im Landesgericht Wiener Neustadt nach gutem Zureden des Richters den Geschworenen (sechs Frauen, zwei Männer) dann auftischt, ist ohne Popcorn nur schwer zu verdauen.

Vor über elf Jahren, am 28. September 2001, verschwand die damals 38-jährige Heidrun Wastl spurlos. Der Vermisstenfall war bereits zu den Akten gelegt worden, als ihn die „Cold Case“-Gruppe des Bundeskriminalamtes neu aufrollte und Weissenböck in die Zange nahm. Der hatte im Pfusch Tischlerarbeiten für Paul und Heidrun Wastl durchgeführt.

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Nach 13 Vernehmungen packte er endlich aus. Er sei mit der Mutter eines heute 17-jährigen Buben spazieren gegangen. Ausgerechnet in unwegsamen Gelände habe man sich über partnerschaftliche Probleme ausgetauscht: „Ihre Beziehung war genau so Kacke wie meine. Bei denen daham war net alles happy Peppi.“ Dabei sei sie von einem Felsvorsprung abgerutscht und just auf einen senkrecht emporstehenden Ast gestürzt, der sie gepfählt habe. In Panik sei er davon und habe sie dort liegen gelassen. Er sei kein „eiskaltes Monster“, aber das sei einfach zu viel für ihn gewesen.

Panik

Als wäre das nicht schon abstrus genug, schiebt er im Prozess wegen Mordes (durch Unterlassung der Hilfeleistung) die ganze Schuld auf den Ehemann des Opfers: „Er war’s in seiner Wut.“ Paul Wastl sei rasend eifersüchtig gewesen, sei ihnen in den Wald gefolgt und habe gebrüllt: „Bleibts stehen, ihr zwei!“ Heidrun habe versucht, ihren Mann zu beruhigen („Jetzt reiß dich zsam, Pauli, da ist nix zwischen uns“). Aber Wastl habe ein Jausenmesser gezückt, damit herumgefuchtelt und seine Frau angerempelt: „A blöde Stesserei.“ Plötzlich sei sie „unten gelegen“. Wobei er ihm nicht unterstellen wolle, „dass es absichtlich war.“ Wastl habe noch zu ihm gesagt: „Geh owe und schau, was du machst mir ihr“, und dann „war er fort“. Er habe Heidrun noch geschüttelt, aber ihr Kopf sei zur Seite gekippt. Er habe Panik bekommen: „Des glaubt mir ka Sau.“

Die Erklärung, warum er so lange damit hinterm Berg gehalten habe, folgt sogleich: Paul Wastl, der zwei Tage danach auf der Straße schon wieder gekudert habe, als sei nichts passiert, habe ihn bedroht. Wenn er nicht „die Gosch’n“ halte, werde er Weissenböcks Lebensgefährtin oder seinem Sohn etwas antun. Tatsächlich sei einmal ein Autoreifen gelockert gewesen.

Fälschung

Der Richter kann die Angst nicht nachvollziehen, zumal der Angeklagte (Verteidigung Ernst Schillhammer) an anderer Stelle über Wastl sagt: „Der ist genau so ein Lulu wie ich.“ Auch passt nicht ins Bild, dass Weissenböck zur Ablenkung einen Abschiedsbrief von Heidrun fingiert und in Paul Wastls Postkasten geworfen hat.

Apropos Paul Wastl: Was sagt der dazu? Er befindet sich auf Kreuzfahrt, hat nicht einmal einen Anwalt zum Prozess geschickt. Fortsetzung am Freitag.