Chronik/Niederösterreich

Epileptikerin kämpft täglich um ihr Leben

Bis zum März 2010 war Kerstin (Name der Red. geändert) ein ganz normales Mädchen. Ein plötzlicher epileptischer Anfall veränderte das Leben des Kindes und ihrer alleinerziehenden Mutter aus dem Bezirk Wiener Neustadt schlagartig. Die Ärzte diagnostizierten bei der heute 16-Jährigen eine schwere Form der Grand-Mal-Aufwachepilepsie (siehe Zusatz). Ohne ständiger Betreuung und zahlreichen Medikamenten schwebt Kerstin ständig in Lebensgefahr. Die schwierigen Umstände wachsen sich zum finanziellen Überlebenskampf für Mutter und Tochter aus, denn staatliche Unterstützung gibt es trotz der schweren Krankheit des Mädchens so gut wie keine.

Kerstin benötigt eine Rundumbetreuung. "Die Anfälle kommen völlig ohne Vorwarnung. Sie sackt plötzlich zusammen; wie eine Marionette, bei der man die Fäden loslässt. Es gibt keinen Muskeltonus mehr, sie beißt sich fast die Zunge ab oder fliegt beim Sturz mit dem Kopf irgendwo dagegen. Wenn sie dabei in der Badewanne liegen würde, müsste sie ertrinken". Kerstins Mutter schildert mit wenigen Sätzen, den Horror, mit dem sie seit zwei Jahren leben müssen.

Schwangerschaft

Erst vor drei Wochen hatte die 16-Jährige vier schwere Krampfanfälle in Folge. Das Mädchen landete auf der Intensivstation des Landesklinikums Wiener Neustadt, wo die Ärzte feststellten, dass die Jugendliche schwanger ist. Die schweren Medikamente hatten die Wirkung der Antibabypille außer Kraft gesetzt. Das Kind kommt im Jänner zur Welt, eine krankheitsbedingte Abtreibung kam für das ohnedies psychisch stark belastete Mädchen nicht in Frage.

"Wir wissen nicht, wie es jetzt weiter geht. Ich bin alleine und muss mich ab Jänner um meine kranke Tochter und um ein Baby kümmern", sagt Kerstins Mutter verzweifelt. In ihrer Not hat sich die Frau an die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt gewandt, wo man sich des Ernstes der Lage bewusst ist. "Diese Sache fällt aus dem klassischen Schema heraus. Unsere Abteilung prüft den Fall genau. Eine Möglichkeit ist einen finanzielle Unterstützung für die begleitende Betreuung wenn das Kind auf der Welt ist", sagt der stellvertretende Bezirkshauptmann Elmar Seiler.

Als nächsten Schritt muss Kerstins Mutter beim Bund um Pflegegeld für ihre Tochter ansuchen. Bis dato gibt es zwar keine Unterstützung für Epileptiker, Mutter und Tochter hoffen aber auf eine genaue Prüfung ihres Härtefalls. Derzeit besteht die Unterstützung lediglich aus 138 Euro monatlich zusätzlich zur Kinderbeihilfe. "Das reicht nicht einmal um die Kosten für einen einzigen Arztbesuch abzudecken. Und meine Tochter ist ständig in Behandlung".

Grand Mal: Epilepsie im Jugendalter

Krankheit Die so genannte Grand-Mal-Aufwachepilepsie tritt in den meisten Fällen erstmals im Jugendalter (2. Lebensjahrzehnt) auf. Fünf Prozent aller Epileptiker leiden an dieser Form der Krankheit. Die Anfälle treten vorwiegend kurz nach dem Erwachen auf. Ein Anfall beginnt mit einem plötzlichen Bewusstseinsverlust, der auch während des Gehens oder Stehens erfolgen kann. Dabei besteht die Gefahr von Verletzungen durch Stürze. Die Bewusstlosigkeit während des Anfalls geht in einen tiefen Schlaf über, der bei einigen Patienten nur sehr kurz anhält, bei anderen aber viele Stunden dauern kann.