Chronik/Niederösterreich

Ein Waldviertler Dorf sucht seinen Wirten

„Der normale Tagesbetrieb in unserem Gasthaus ist eingestellt.“ Diesen Satz kann man im Aushang vor dem ehemaligen Lokal von Franz Grünsteidl in Schönbach im Bezirk Zwettl lesen. „Wir haben kein Personal mehr gefunden. Das war der größte Beweggrund, warum wir uns nur noch auf das Catering und die Fleischverarbeitung konzentrieren“, sagt der gelernte Fleischhauer zum KURIER. Hungrige Gäste stehen aber auch auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor verschlossenen Türen. „Gasthaus geschlossen – danke für Ihr Verständnis“, informiert die Kreidetafel vor dem „Gasthof zur Post“. Dass alle drei zuletzt geöffneten Wirtshäuser im Ort innerhalb kurzer Zeit zugesperrt haben, will der Bürgermeister nicht hinnehmen. Er startet die Initiative „Dorf sucht Wirt“.

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Die Abwärtsspirale erwischte nicht nur die Bürger in der 780 Einwohner zählenden Gemeinde, sondern auch den örtlichen Tourismus eiskalt. Seit rund 20 Jahren profitiert Schönbach von den Tagesgästen, die Großveranstaltungen wie „Korb- und Handwerksmarkt XL“ (15. August), das Erlebnismuseum oder die Kloster-Schulwerkstätten besuchen. „Die Verpflegung der Gäste ist ein wichtiger Punkt“, sagt Franz Höfer, Obmann des Museumsvereins. Vorübergehend bietet er Gerichte von der benachbarten „Rexerei“ an, die er in einer Markthütte aufwärmt und verkauft.

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Kirchengang

Mit dieser Lösung will sich die Gemeinde natürlich nicht zufrieden geben. „Für das gesellschaftliche Leben im Ort brauchen wir einen Gastwirt. Dort will man sich treffen, um Neuigkeiten aus der Umgebung auszutauschen“, sagt Bürgermeister Ewald Fröschl. Vor allem an den Sonntagen fehle der älteren Generation ein Lokal, in dem man sich nach dem Kirchengang zusammensetzen könne. „Ein neuer Pächter bekommt von uns jede Unterstützung“, verspricht Fröschl, der das „Lindenstüberl“ als Mietobjekt nennt. Derzeit lässt er auch alternative Betreibermodelle wie eine Genossenschaft prüfen. „Da wir keine Vereinshäuser haben, kann der Wirt ein reges Engagement der Vereine erwarten“, sagt der Ortschef.

Nicht nur im Waldviertel, sondern in vielen Regionen Österreichs sei das Wirtesterben unaufhaltsam. „War vor Kurzem noch die überbordende Bürokratie das größte Problem, ist jetzt die Personalsuche an oberster Stelle“, sagt Mario Pulker, Bundesobmann der Gastronomie in der Wirtschaftskammer. Er fürchtet, dass dieser Trend in den nächsten Jahren weitergeht. „Man hat den Wirten leider viele Prügel vor die Füße geworfen“, kritisiert er. Als Beispiel, wie die letzten Wirtshäuser gerettet werden können, nennt er einen Ort in Kärnten. Dort habe die Gemeinde das Gebäude angekauft, renoviert und es zum Nulltarif weiter verpachtet.