Chronik/Niederösterreich

Der größte Weihnachtswunsch bleibt für immer unerfüllt

Während Nathalie nachdenklich in die brennende Kerze am Adventskranz blickt, formuliert sie ihren größten Weihnachtswunsch. Die 19-Jährige will, dass der Papa wieder zurück kommt. Doch ihr Anliegen wird für immer ein unerfüllter Traum bleiben.Denn ungefähr vier Wochen vor dem Heiligen Abend traf Alois Grünstäudl aus Neumelon im Bezirk Zwettl eine folgenschwere Entscheidung. Er nahm sich das Leben. Der geschiedene, alleinerziehende Vater hinterlässt nicht nur vier Kinder im Alter zwischen zehn und 19 Jahren, sondern auch einen Bauernhof mit einem Schuldenberg.

Seit dem 22. November ist im Hause Grünstäudl nichts mehr so, wie es einmal war. Die vier Halbwaisen Nathalie, 19, Mario, 17, Lisa, 14, und Sabine, 10, blicken in eine ungewisse Zukunft. Wie es ohne Papa Alois – die Mutter lebt seit der Scheidung vor drei Jahren in Wien – weitergehen soll, wissen sie nicht. Unklar ist, ob die Geschwister zusammen bleiben können. Auch finanzielle Sorgen plagen die Familie, weil das Konto gesperrt ist. Auch wenn die Kinder wieder einen Zugriff bekommen, ist der finanzielle Spielraum minimal. Erst vor Kurzem wurde ein Darlehen aufgenommen, um das alte Wohnhaus renovieren zu können.

Die ganze Last liegt nun auf den Schultern der ältesten Tochter. „Oft bin ich verzweifelt, weil ich nicht weiß, ob ich das alles schaffe“, sagt Nathalie, die in die Rolle des Familienoberhauptes schlüpfen musste. Seit dem Tod ihres Vaters steht sie täglich um sechs Uhr Früh im Stall und melkt die Kühe, besorgt Lebensmittel, schupft den Haushalt, hilft ihrer 80-jährigen, pflegebedürftigen Oma Anna, bringt Brennholz nach Hause, spielt für ihren Bruder Mario Taxi, damit er in die Berufsschule in Langenlois, Bezirk Krems, kommt, und bearbeitet regelmäßig einen Berg Formulare und Rechnungen.

Angst

Rückhalt bekommt die 19-Jährige von den Nachbarn und ihrem Freund Benjamin, 22. Er findet immer wieder die passenden Worte, um ihr Mut zu machen und ihr die Angst zu nehmen.

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Trotz schwieriger Finanzlage hat sie eine Entscheidung schon getroffen. „Ich will den Bauernhof weiterführen“, sagt Nathalie, die auch landwirtschaftliche Facharbeiterin ist. Ihr ist bewusst, dass sie mit ihrer Unterschrift auch die offenen Bankkredite übernehmen muss. Obwohl ihr noch die Erfahrung fehlt, will sie die Herausforderung annehmen. „Ich weiß, dass ich mit den Maschinen noch nicht gut umgehen kann und viel lernen muss“, sagt die 19-Jährige, die versucht, Stärke zu zeigen. Sie kämpft aber oft mit der Unsicherheit. Dazu kommen täglich Gedanken, die sich mit einer Frage beschäftigen: Warum hat ihr Vater den Freitod gewählt? Waren es die Folgen der Scheidung oder hatte er sich in eine scheinbar aussichtslose Situation manövriert? Die Antwort wird sie nicht mehr erfahren. „Eines weiß ich, unsere Mama ist sicher nicht schuld“, sagt die 19-Jährige.

Auch wenn ihr Papa Alois nicht mehr da ist, will Nathalie ihren Geschwistern ein schönes Weihnachtsfest bescheren. Kleine Geschenke hat sie für ihre Schwestern Lisa, die an Down-Syndrom leidet, und Sabine besorgt. „Am Heiligen Abend werden wir gemeinsam kochen und vor der Bescherung für Papa beten“, erzählt Nathalie.

Welle der Hilfsbereitschaft rollt an

Damit zumindest die finanziellen Sorgen der Familie Grünstäudl kleiner werden, hat Willibald Stöcklhuber, Obmann des Benefizvereins Waldhausen, NÖ, ein Spendenkonto unter dem Kennwort „Kinder-Grünstäudl“ eingerichtet. Stöcklhuber kümmert sich auch unter juristischer Aufsicht um die Abwicklung und hofft auf zahlreiche Unterstützer: Raika Zwettl/Arbesbach, IBAN : AT613299000100085910, BIC: RLNWATWWZWE. Weitere Informationen im Internet unter: www.benefizverein-waldhausen.at