Behinderte in Tagesstätten wollen eigene Pension
Von Jürgen Zahrl
Christina Hendl leidet seit ihrer Geburt an Hydrocephalus (Wasserkopf). Auch wenn sie sich normal fühlt, ist die 27-Jährige aus Sicht der Ärzte behindert. Daher ist sie seit 12 Jahren in einer Tagesstätte in Heidenreichstein, Bezirk Gmünd, beschäftigt. Als Haushaltshilfe und Bastlerin. "Meine Stärke ist, anderen Mitarbeitern zu helfen", sagt die Waldviertlerin. Dass sie bundesweit eine von 23.000 Menschen mit Handicap ist, die ohne persönliche Sozialversicherung und ohne Anspruch auf eine eigene Pension arbeitet, ärgert sie sehr. Eine private Initiative verlangt nun vom Bund, Behinderte endlich genauso wie andere Beschäftigte zu versichern.
Rügen
"Seit Jahren ist nicht der geringste Fortschritt zu erkennen, auch mehrere Rügen der UN ließen die Gesetzgeber unbeeindruckt", kritisiert Martin Hetzendorfer, Obmann des Vereins "Zuversicht", der die gleichnamige Tagesstätte in Heidenreichstein betreibt.
Für die Dienste bekommen Behinderte derzeit vom Land einen Anerkennungsbeitrag von 75 Euro pro Monat. Hinzu kommt entweder die doppelte Familienbeihilfe oder eine Waisenpension: "Da sie nicht selbst sozialversichert sind, sondern über die Bezirkshauptmannschaft, erwerben sie keinen Anspruch auf irgendwelche Sozialleistungen", sagt Hetzendorfer. Außerdem müssten Angehörige von Behinderten in Tagesstätten sogar einen Selbstbehalt bezahlen.
Therapeutischer Zweck
Ein Sprecher des Sozialministeriums gibt zu bedenken, dass bei Menschen mit Behinderung in Tagesstätten der therapeutische Zweck im Vordergrund steht. Aber: In einer ersten Gesprächsrunde seien Bund und Länder übereingekommen, Modelle zu forcieren, in denen Behinderte aus Werkstätten auf dem echten Arbeitsmarkt eingegliedert werden. "Die Länder unterstützen derartige Projekte durch Förderungen an Arbeitgeber", sagt Oliver Gumhold vom Ministerium. Die Schaffung eines eigenen pensionsrechtlichen Systems sei zwar denkbar, setze die Klärung grundlegender Vorfragen voraus.