Chronik/Niederösterreich

Adrenalin-Junkies gefährden Retter

Mit sieben Toten, 97 Schwer- und 35 Leichtverletzten fällt die Jahresbilanz der Alpinpolizei im südlichen NÖ blutig aus. Insgesamt wurden 200 Alpinunfälle auf den beliebten Bergen wie Schneeberg, Rax oder der Hohen Wand registriert. Was besonders auffällt: Adrenalin-Junkies und immer mehr unerfahrene Kletterer, die den besonderen Kick suchen, bringen die Einsatzkräfte zunehmend selbst ins Lebensgefahr. Die Hilfskräfte stoßen dabei immer häufiger an ihre Leistungsgrenzen.

Michael Schneider ist Leiter der Alpinen Einsatzgruppe der Polizei. Die aktuelle Unfallstatistik 2012 (Stichtag 1. November) spiegelt einen eindeutigen Trend wider. „Die Zahl der schweren Zwischenfälle ist deutlich im Steigen“, sagt Schneider. Von den sieben tödlichen Unfällen ist nur einer auf ein Kreislaufversagen zurückzuführen. „Die anderen sechs Opfer sind abgestürzt“, erklärt der Polizist. Markant seien dabei besonders die Abstürze in einer der Steilrinnen am Schneeberg.

Steilwand

Im Schnitt verzeichnen die Einsatzkräfte dort ein bis drei Unfälle pro Jahr. Heuer waren es gleich neun Abstürze. „Die Leute sehen dort einen ortskundigen und geübten Tourengeher hinunter fahren und glauben, sie können das auch“, sagt Schneider. Die Meisten scheitern jedoch bereits beim 40 bis 50 Grad steilen Einstieg und stürzen mehrere Hundert Meter hinab.

Ein weiteres Phänomen: Ausflügler, Wanderer oder Bergsteiger neigen immer häufiger zu Selbstüberschätzung. Moderne Hilfsmittel wie GPS und tolle Funktionsausrüstung ersetzen allerdings nicht die Erfahrung im hochalpinen Gelände. „Die Leute unterschätzen die Bedingungen in 2000 Meter Seehöhe. Das ist kein Park und kein Klettergarten“, sagt Schneider.

Ein besonders drastischer Fall: Im März gerieten fünf tschechische Bergsteiger auf der Rax in Bergnot. Die Einsatzkräfte mussten sich bei minus 18 Grad Celsius, Schneefall und Sturmböen bis 130 km/h zu den Tschechen im Winterraum des Habsburghauses durchkämpfen. Ein grenzwertiger Einsatz, bei dem sich die Retter selbst in großer Gefahr befanden.