Schwerverbrecher wurde ausgeliefert
Von Heike Kroemer
Der 28. November 2005 sollte das Leben des damals 21-jährigen Uhrmachers Bernd Riedl für immer verändern. Drei bewaffnete Täter raubten an diesem Nachmittag das Juweliergeschäft Hohensteiner in der Eisenstädter Fußgängerzone aus. Riedl verfolgte die Täter, als sich plötzlich einer der Männer umdrehte und dem jungen Mann mitten ins Gesicht schoss. Der Wr. Neustädter ist seither ein schwerer Pflegefall.
Nun, sechs Jahre später, soll dem mutmaßlichen Haupttäter in Eisenstadt der Prozess gemacht werden. Am Wochenende wurde der 27-jährige Serbe
Ilija B. von Deutschland nach Österreich ausgeliefert. Jetzt wartet er in der Justizanstalt Josefstadt auf seinen Prozess in Eisenstadt. "Es steht noch kein Termin für die Verhandlung fest. Vorerst müssen noch weitere Erhebungen und eine ausführliche Einvernahme des Beschuldigten durchgeführt werden", sagt Pressestaatsanwältin Magdalena Eichinger.
Ilija B., der für die Kriminalisten der Inbegriff des kaltblütigen Verbrechers ist, wird nicht in die Justizanstalt Eisenstadt kommen, sondern in Wien bleiben. "Für diesen Mann sind enorme Sicherheitsvorkehrungen nötig, die wir aufgrund unserer derzeitigen Situation (das Gefängnis wird umgebaut, Anm.) nicht gewährleisten können", sagt Major Klaus Faymann von der Justizanstalt Eisenstadt.
Elf Verbrechen
Seit 2003 zog der junge Serbe eine Spur des Verbrechens durch halb Europa. Auf sein Konto gehen etliche Raubüberfälle auf Juweliere, Einbrüche und Diebstähle, die er meist mit Komplizen durchführte. So auch den Überfall auf den Eisenstädter Juwelier, der sich für die burgenländische Kriminalpolizei zu einem ihrer aufwendigsten und spektakulärsten Fälle entwickeln sollte.
Im Mai 2008 klickten für Ilija B. in Hamburg die Handschellen. Bei seiner spektakulären Verhaftung hatte er der Polizei einen erbitterten Kampf geliefert. Als er im November 2008 wegen elf schwerer Verbrechen im deutschen Hagen vor Gericht stand, waren die Sicherheitsvorkehrungen enorm. Der Angeklagte war an Händen und Füßen gefesselt in den Gerichtssaal gebracht worden. Von Beamten mit Sturmhauben und Maschinenpistolen wurde er nach dem Prozess mit verbunden Augen und Kopfhörern zu einem Wagen und danach an ein unbekanntes Ziel gebracht.
Diese enormen Sicherheitsvorkehrungen begründeten die deutschen Behörden damals nicht nur mit der Fluchtgefahr, die Staatsanwaltschaft hatte auch die Befürchtung, andere Bandenmitglieder könnten Ilija B. zum Schweigen bringen.
Letztlich ließ sich der junge Serbe auf einen Deal mit dem Gericht ein. Im Gegenzug für sein
umfassendes Geständnis zu den elf angeklagten Verbrechen fasste er eine Jugendstrafe von nur 6,5 Jahren aus. Diese wurde damit begründet, dass der Verurteilte in einem Kriegsgebiet aufgewachsen sei, Neugier und Abenteuerlust hätten bei den Taten eine Rolle gespielt. Dies galt neben dem Geständnis als weiterer Milderungsgrund. Viele sahen das milde Urteil in Deutschland damals als Skandal.
Laut bisherigen Ermittlungen soll Ilija B. den Schuss auf Riedl abgegeben haben. Folgt die Anklage dieser Theorie, wird sich der Serbe wegen versuchten Mordes verantworten müssen.
Fingerabdruck: Entscheidende Spur
Kriminalrätsel In enormer Kleinarbeit wurde der Fall gelöst. Den entscheidenden Puzzleteil, einen Fingerabdruck, entdeckten die burgenländischen Kriminalisten in einem Unfallauto. Dieses
Auto stand in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Fall Hohensteiner. Es war gestohlen worden. Da es aber auf die gleiche Art und Weise präpariert worden war wie das Fluchtauto des Trios, wurde es noch einmal unter die Lupe genommen. Ein Fingerabdruck konnte einem inhaftierten Serben zugeordnet werden. Dieser schwieg zwar beharrlich, doch die Kriminalisten hatten damit eine erste Spur zu den Tätern.
Rückschlag Nachdem die Kriminalisten die Verdächtigen ausgeforscht hatten, wurden zwei der drei mutmaßlichen Täter,
Ilija B. und
Slavko P., von den serbischen Behörden wieder freigelassen und tauchten sofort unter. In
Hamburg wurde
B. schließlich geschnappt.