Reihenweise Absagen im U-Ausschuss und erste Entlastung fürs Land
Von Thomas Orovits
Dem U-Ausschuss zur Commerzialbank fehlen nicht nur entscheidende Akten des Bundes, der zu einer Anlieferung nicht verpflichtet ist, sondern auch immer mehr Auskunftspersonen: Am Mittwoch haben sich die geladenen früheren Vorstände und Aufsichtsräte der Pleitebank gleich reihenweise durch ihre Anwälte entschuldigen lassen. Die meisten der älteren Herren machten die Covid-Ansteckungsgefahr geltend, aber auch die fehlende Entbindung vom Bankgeheimnis wurde geltend gemacht.
Laut KURIER-Informationen haben für heute und morgen, Donnerstag, die ehemalige Bank-Vorständin Maria P. und der bis zuletzt tätige Walter H. ebenso abgesagt, wie Aufsichtsratsvorsitzender Josef Giefing und dessen ehemalige Kollegen Wilhelm G., Karl B. und Siegfried M. Einzig der frühere Vize-Aufsichtsratschef der Bank, Ernst Zimmermann, will kommen.
Der Ausschuss will die Entschuldigungsgründe prüfen, bei gesundheitlichen Gründen, die etwa Giefing durch seinen Anwalt Oliver Scherbaum geltend gemacht hat, durch einen Amtsarzt, der die Zeugen begutachten soll.
Ex-Vorständin Maria P. hat durch ihren Anwalt Mirko Matkovits von Beck & Dörnhöfer & Partner auf ihr Aussageverweigerungsrecht verwiesen. Sie sei nicht nur zur Verschwiegenheit in Bankfragen verpflichtet, sondern ihr drohten bei Beantwortung der Fragen im Ausschuss auch strafgerichtliche Verfolgung und vermögensrechtliche Nachteile, heißt es in der Begründung.
Der Ausschuss wollte das nicht akzeptieren, die Verfahrensordnung kenne kein pauschales Entschlagungsrecht, sagte auch Verfahrensanwalt Michael Kasper. P. droht jetzt eine Beugestrafe (bis 10.000 Euro) und eine neuerliche Ladung. Am Zug ist jetzt das Landesverwaltungsgericht.
Detto bei Ex-Vorstand Walter H., gegen den ein Strafverfahren bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft anhängig ist. Dessen Anwalt Peter Hajek jun. hatte aufs Aussageverweigerungsrecht seines Mandanten verwiesen und in Aussicht gestellt, dass H. vor dem Ausschuss erscheinen werde, sobald sein Strafverfahren eingestellt sei.
Banken-Experte
Den Beginn machte Herbert Motter, Experte für Banken und Genossenschaftsrecht. Der Vortrag seines Gutachtens dauerte eine gute Stunde und ging sehr ins Detail.
Der Steirer wurde vom Ausschuss nachträglich geladen, wohl um Auskunft über ein zentrales Thema des Ausschusses zu geben: Das Land war als Aufsichtsbehörde für die Revision der Commerzialbank-Mutter, eine Personalkreditgenossenschaft, zuständig. Das ist insofern wesentlich, als sowohl die Opposition darauf ihren Antrag für den U-Ausschuss gestützt hat als auch Rechtsanwälte daraus Klagen gegen das Land wegen möglicher Haftungsverpflichtungen des Landes ableiten.
Die Aussagen Motters dazu freuten aber nur die SPÖ-Mehrheit im Ausschuss. Der Revisionsverband (also das Land) habe nur für Organisation und Vorlage des Revisionsberichts an den Vorstand der Genossenschaft zu sorgen. Aber "Träger der Revison" sei seit 1903 immer der unabhängige und weisungsfreie Revisor selbst - das war ab 1995 ein Steuerberater und ab 2006 die TPA. Auf die Frage von SPÖ-Klubchef Robert Hergovich, ob das Land die Prüfberichte "inhaltlich prüfen musste", verneinte Experte Motter.
Ob das Land deshalb auch nicht für Verluste in der Bank hafte, wollte Motter hingegen nicht eindeutig beantworten. "Das ist eine Rechtsfrage. Ich habe dazu eine Meinung, aber die darf ich nicht sagen", so Motter.
Auch eine Doppelprüfung von Mutter (Genossenschaft) und Tochter (Commerzialbank) durch ein- und denselben Prüfer (die TPA) sei nichts Außergewöhnliches. Auch diesen Umstand haben Opposition und Anwälte, die Geschädigte des Bankskandals vertreten, gegen das Land in Stellung gebracht.
ÖVP-Klubchef Markus Ulram wollte von Motter wissen, ob er für seine Expertise nicht sehr wenig Zeit gehabt habe? Motter war am 13. November von der Landtagsdirektion verständigt worden. Ulram: "Das ist eine sportliche Vorgabe". Motter entgegnete kühl: "Für mich kein Problem".
Hätte das Land nicht einen Revisor bestellen sollen, der mehr Erfahrung mit Bankenprüfungen hatte als die TPA, fragte Ulram: Motter konterte sinngemäß, es gebe vermutlich überhaupt keinen Bankprüfer, der je eine Bank von innen gesehen habe.
Masseverwalter
Am Nachmittag wurde Gerwald Holper befragt, der gemeinsam mit Michael Lentsch (beide von Kosch & Partner) zum Masseverwalter für die Commerzialbank AG bestellt wurde. Die Masseverwalter wollen die Republik auf 303 Millionen Euro Schadenersatz klagen. Ob es auch eine Klage gegen das Land geben werde, sei noch offen, "das wird geprüft".
Wie schon Motter am Vormittag wies auch Masseverwalter Holper darauf hin, dass die Commerzialbank auch ohne dass sich jemand Geld eingesteckt hätte, nicht lebensfähig war. Die "echte Bilanzsumme habe rund 200 Millionen Euro betragen". Und um mit diesem Geld zu arbeiten, habe es 70 Dienstnehmer, eine Zentrale und acht Bankfilialen gegeben, dazu musste die Bank auch für Einlagen Zinsen zahlen. Holpers Fazit: "Ein Betrieb dieser Größenordnung ist mit dieser Bilanzsumme nicht darstellbar".
Und der Masseverwalter ließ damit aufhorchen, dass in der seit 14. Juli behördlich geschlossenen Bank noch operativer Betrieb herrsche. Es bestehe ein Abwicklungsteam, das aus ehemaligen Mitarbeitern der Bank bestehe, weil es noch viele Kreditnehmer gebe, die ihre Kredite zurückzahlen müssen. Holper geht davon aus, dass diese Dienstnehmer in die Malversationen in der Bank nicht involviert waren.