Pucher wehrte sich gegen Ausstieg des Landes aus der Revision
Von Thomas Orovits
Das Amt der Landesregierung ist seit Gründung der Commerzialbank durch Martin Pucher 1994 Aufsichtsorgan über den Mehrheitseigentümer der Bank, eine Personalkredit- und Kommerzialkreditvermittlungs- und Anteilsverwaltungsgenossenschaft, die 79 Prozent der Anteile hält. Bis 2007 bediente sich das Land für die Revision des Steuerberaters Gerhard Nidetzky, danach der Wirtschaftsprüfungskanzlei TPA (die auch die Bank geprüft hat).
Diese Zuständigkeit des Landes ist auch der wesentliche Grund für die Einrichtung des Untersuchungsausschusses zur Commerzialbank. Die SPÖ, die fünf der neun Ausschussmitglieder stellt, und die Opposition aus ÖVP, FPÖ und Grünen streiten darüber, ob das Land aus dieser Aufsichtspflicht für die Bank-Mutter auch eine Mitschuld an den Malversationen in der Bank trifft.
Die SPÖ beruft sich auf den Sachverständigen Herbert Motter, der gemeint hatte, das Land als Revisionsverband habe einen Revisor zu bestellen und nur für Organisation und Vorlage des Revisionsberichts an den Vorstand der Genossenschaft zu sorgen gehabt. Die ÖVP hat am Mittwoch ein Gutachten von Nicolas Raschauer vorgelegt. Seine Einschätzung: Der Revisionsverband, also das Land, hafte als Auftraggeber des Revisors TPA einerseits als Ausfallbürge des Revisors und andererseits direkt aus der „Verletzung ihn selbst treffender Pflichten“.
Die Zeugenliste der 9. Ausschuss-Sitzung am Donnerstag verhieß Aufklärung in diesen wesentlichen Fragen, denn geladen waren neben den langjährigen Landesräten für Finanzen und Wirtschaft, Helmut Bieler (SPÖ) und Franz Steindl (ÖVP), auch zwei Spitzenbeamte der Finanzabteilung des Landes.
Der erste Zeuge war Oberregierungsrat Peter E., der seit 2007 von der damals bestellten TPA die jährlichen Prüfberichte zur Genossenschaft bekommen hat. Zugeteilt habe ihm die Aufgabe sein damaliger Vorgesetzter, der langjährige Leiter der Finanzabteilung Engelbert Rauchbauer, der nach E. gehört wurde. Rauchbauer ist mittlerweile schon in Pension.
Land wollte Revision abgeben, Pucher legte sich quer
Er habe den jeweils rund 40-seitigen Prüfbericht "durchgeschaut, ob irgendwelche Ungereimtheiten vermerkt sind". Das sei aber "nie der Fall gewesen", die TPA habe immer einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt. Das hat E. "in Aktenvermerken festgehalten und dann den Prüfbericht abgelegt". Das Ganze habe höchstens einen Tag in Anspruch genommen. Eine inhaltliche Prüfung von Belegen oder dergleichen sei aber nie passiert, "wir mussten den Revisoren vertrauen, das waren ja die Experten", so der Oberregierungsrat.
Bank-Chef Martin Pucher, der in der Genossenschaft einfaches Mitglied war, sei dazu einmal im Landhaus gewesen, so E. Das war 2015, als das Land einen "freiwilligen Austritt der Genossenschaft aus dem Revisionsverband" betrieben hat. Warum wollte das Land die Aufsicht los werden? E. vermutet, man wollte aus dem Dreiecksverhältnis zwischen Revisionsverband (Land), Revisor TPA und der geprüften Genossenschaft ein Zweier-Verhätnis zwischen TPA und Genossenschaft machen. Dazu kam es aber nicht. "Pucher hat gefragt, warum soll ich austreten?" - Damit war die Sache erledigt.
Nicht erledigt ist der am Mittwoch ruchbar gewordene angebliche Verstoß der Grünen Regina Petrik gegen die Ausschuss-Regeln. Sie soll geheime Akten fotografiert haben, Videoaufnahmen hätten sie überführt. Petrik entgegnete, sie habe Fotos gemacht und diese wieder gelöscht und nicht weitergegeben. Dennoch gibt es von der Landtagsdirektion eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt, sie muss die strafrechtliche Relevanz prüfen.
Mutmaßungen über Verstorbene
Engelbert Rauchbauer, von 2002 bis 2017 Leiter der Finanzabteilung, sagte, die Funktion als Revisionsverband habe nicht zur Kernkompetenz der Landesverwaltung gehört (auch die Polizei sei einst von der Zählung der Kartoffelkäfer entlastet worden, so der Verwaltungsjurist launig), daher habe man sie loswerden wollen. Das wäre aber nur einvernehmlich möglich gewesen.
Eine inhaltliche Prüfung der Berichte von TPA durchs Land habe es nicht gegeben, denn wenn man ein "Haus baut, verlässt man sich auf den Statiker".
Lange hin- und hergewälzt wurde auch die Einschätzung einer ehemaligen Mitarbeiterin der Finanzabteilung, die 2012 in einem Aktenvermerk an Rauchbauer gemeint hatte, die Revisionstätigkeit werde nicht ordnungsgemäß durchgeführt, eigentlich müsste auch die Bank geprüft werden. Diese Mitarbeiterin, eine Wirtschaftsakademikerin, die mittlerweile in der Privatwirtschaft tätig ist, habe auch vom Land als Revisor gesprochen, nicht als Revisionsverband. Rauchbauer meinte, die ehemalige Mitarbeiterin sei eine "junge und ehrgeizige" Kraft gewesen, die aber keine Wirtschaftsprüferin gewesen sei und deshalb vielleicht die Begrifflichkeiten durcheinandergebracht habe. Und die Bank sei ja ohnehin von einem Wirtschaftsprüfer (TPA) geprüft worden.
Warum das Land 1994 überhaupt als Revisionsverband ins Spiel gekommen ist, wusste Rauchbauer nicht, er äußerte aber "eine Idee": Sein Vorgänger an der Spitze der Finanzabteilung, Rudolf Talos, und der damalige Landeshauptmann Karl Stix hätten ein sehr gutes Verhältnis gehabt. Talos und Stix sind seit langem tot - ÖVP-Mandatar Thomas Steiner sprach deshalb von "Verschwörungstheorien".