Chronik/Burgenland

Präsenz gegen Promille-Lenker

In der Nacht auf Samstag war wieder einmal eine Schwerpunktaktion der burgenländischen Verkehrsabteilung mit 60 Beamten im ganzen Land angesagt, bereits die zehnte heuer (jedes Monat wird eine durchgeführt; in den Monaten Jänner, Februar je zwei). Mit einem Unterschied: Sie war nicht angekündigt.

Als Oberstleutnant Andreas Stipsits 2005 von der Kripo in die Verkehrsabteilung wechselte, kam er auf den Gedanken, Schwerpunkt­aktionen, die damals zum ersten Mal durchgeführt wurden, via Medien und Aussendungen anzukündigen. In Irland war dies bereits gang und gäbe und ein voller Erfolg. "Ich wurde damals belächelt", erinnert er sich heute. Mittlerweile wird ihm große Anerkennung für diese Aktion gezollt.

Strafen

Ob bei den angekündigten und nicht angekündigten Aktionen Unterschiede zu bemerken seien, würde der Oberstleutnant verneinen. Und darum gehe es auch nicht: "Wir wollen mit den Ankündigungen erreichen, dass die Autofahrer sensibler werden. Und das ist uns gelungen."

Die Exekutive sei nicht darauf aus Punkte zu sammeln und agiere auch nicht nach dem Motto, je mehr Alkolenker erwischt werden umso besser, "sondern wir wollen, dass alkoholisiert nicht gefahren wird".

Auch die Präsenz der Polizei sei ein wichtiger Faktor für "vernünftiges Fahren". Wenn etwa in Gols, wo derzeit das Volksfest stattfindet, die Besucher merken, dass verstärkte Polizeikontrollen zu erwarten sind, dann würden sie sich hüten betrunken mit dem Auto zu fahren. "Und deshalb stehen wir das erste Mal um 19 Uhr in Gols", erklärt der Oberst­leutnant.

Prinzipiell könne er sagen, dass die alkoholisierten Lenker weniger geworden sind. Das kann auch Chefinspektor Franz Draxler bestätigen. "Die Verkehrsteilnehmer sind vernünftiger geworden." Draxler ist seit 1976 bei der Verkehrsabteilung. Viel habe sich in dieser Zeit geändert: "Die Kontrollen wurden verstärkt und die sehr hohen Strafen bei Verkehrsdelikten tun ihr Übriges dazu." Auch die zur Verfügung stehenden technischen Mittel seien stark verbessert. Draxler erinnert sich noch an die "Röhrln, die bei Weitem nicht so genau waren, wie heute die geeichten Alkomaten".

Anzeige

Bei den Geschwindigkeitsmessungen spielte es sich ähnlich ab. So erzählt der Chefinspektor, dass sie früher eine gewisse Distanz abgemessen haben und dann mit der Stoppuhr gestanden sind und die Zeit gemessen haben. "Das ist aber wirklich Schnee von gestern."

Übrigens: Bei der ersten landesweiten Schwerpunktaktion wurde 33 Lenkern der Führerschein wegen Trunkenheit am Steuer abgenommen. In der Nacht zum gestrigen Samstag wurden mehr als 1200 Fahrzeuglenker kontrolliert, 14 davon – darunter auch ein Probeführerscheinbesitzer – erhielten eine Anzeige wegen erhöhter Promillewerte im Blut. Das stellt eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vormonat dar, als nur drei alkoholisiert unterwegs waren. Der höchste gemessene Wert wurde im Bezirk Eisenstadt-Umgebung festgestellt. Ein 35-jähriger Mann war mit 2,7 Promille im Blut unterwegs.

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Raserei als Hauptproblem bei Führerscheinneulingen

Fünf Tote und mehrere Schwerverletzte binnen weniger Wochen. Die Unfalllenker alle samt jung. Das ist bisher die traurige Bilanz auf Burgenlands Straßen im August.

Der jüngste Unfall ereignete sich Samstagmorgen auf der A 4 bei Gols. Ein 22-jähriger Pole landete mit seinem Wagen im Straßengraben und wurde so schwer verletzt, dass er an Ort und Stelle starb. Der zehnjährige Sohn seiner Lebensgefährtin, der sich ebenfalls im Auto befand, erlitt lediglich Abschürfungen. Im Gegensatz zu den anderen tödlichen Unfällen, wo den Fahrern Raserei zum Verhängnis wurde, dürfte beim Crash auf der A 4 Sekundenschlag die Ursache gewesen sein.

"Die Raserei ist momentan unser Hauptproblem unter den Jugendlichen. Sie schätzen die Geschwindigkeit falsch ein", erzählt Chefinspektor Hubert Rodenbicker. Der Alkohol spiele im Gegensatz zu früher so gut wie keine Rolle mehr. Rodenbicker und seine Kollegen betreiben seit zehn Jahren Aufklärung unter Burgenlands Schülern.

"Die Fahrzeuge sind einfach zu stark für die Führerscheinneulinge. Es wäre wünschenswert, dass die PS-Stärke für Fahranfänger mit 100 PS beschränkt wird", erklärt der Chefinspektor.

Diese Problematik kennt auch Karl Karner, Obmann der 17 Fahrschulen im Burgenland. "In den Autos von heute kommt man sich völlig sicher vor, weil die ganzen technischen Helferlein, die Fahrzeuge sehr lange wie auf Schiene halten. Aber das ist eine vorgetäuschte Sicherheit. Ab einer gewissen Geschwindigkeit fliegt einfach jedes Fahrzeug aus der Kurve", weiß Karner. Im Rahmen der Ausbildung an den Fahrschulen gehe man auch immer auf das Thema Raserei ein. Ob jemand zum Bleifuß neige oder nicht, "ist hier kaum zu erkennen".

Gefährdet

  Interessanter werde es, bei den nachgeschalteten Perfektionsfahrten und dem Fahrsicherheitstraining, die zwei bis zwölf Monate nach der Führerscheinprüfung erfolgen müssen. Da würden sich die Leute eher von ihrer echten Seite zeigen.

Besonders gefährdet sind laut Verkehrspsychologen vor allem jene Lenker, die den Führerschein bereits drei, vier Jahre besitzen und meinen bereits perfekt fahren zu können. Ein fataler Irrglaube, der oft zu schweren Verkehrsunfällen führt.

H. Kroemer, Th. Gsellmann