Chronik/Burgenland

Commerzialbank: Niessl überlegt rechtliche Schritte gegen ÖVP-Abgeordnete

In der seit Mitte Juli geschlossenen Commerzialbank Mattersburg AG wird seither jede Lade ausgeräumt und jeder Beleg geprüft. Eine in einer Handkassa der Bank gefundene VIP-Karte des SV Mattersburg für die Bundesliga-Saison 2019/20, die auf den ehemaligen SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl ausgestellt war, sorgt seit dem Wochenende für erstaunliche Aufmerksamkeit.

Niessl hatte zwar sofort betont, dass er diese Saisonkarte nie genutzt habe. Trotzdem beharrte ÖVP-Klubchef Markus Ulram, Fraktionsführer im bis dato ziemlich lahmen Untersuchungsausschuss zur Causa Commerzialbank, darauf, der im Februar 2019 aus der Landesregierung ausgeschiedene Niessl sei „Dauergast im teuren VIP-Club“ des SV Mattersburg gewesen, „zusammen mit der gesamten SPÖ-Burgenland-Prominenz“.

Am Montag nahm Niessl ausführlich zu den Vorwürfen Stellung, die er samt und sonders als "falsch" bezeichnete. Er habe in den "letzten Jahren" insgesamt vielleicht "vier oder fünf Spiele" des SVM und den VIP-Klub besucht, ein Match pro Saison. Konsumationen seien dabei immer über sein Büro oder das Sportreferat abgerechnet worden - Niessl war in seiner fast 19-jährigen Amtszeit stets Sportreferent.

Eine VIP-Karte habe er nie angenommen. "Vor rund 15 Jahren", so Niessl am Montag, sei seinem Büro einmal eine VIP-Karte zugeschickt worden, die man aber umgehend zurückgesendet habe. Auch zur Bank, die wie der SVM von Martin Pucher gelenkt wurde, habe er "nie Geschäftsbeziehungen gehabt".

Entschuldigung oder Klage

Von Ulram und ÖVP-Landesgeschäftsführer Patrik Fazekas erwartet Niessl "als Mindestanstand" eine Entschuldigung. Sollte die ausbleiben, schließt der 69-Jährige, der seit einem Jahr Präsident der Bundessportorganisation "Sport Austria" ist, Klagen wegen Rufschädigung gegen die ÖVP-Mandatare nicht aus.

Auf die KURIER-Frage, ob er zu runden Geburtstagen "Goldbarren" oder ähnliche Geschenke von Pucher erhalten habe, sagte Niessl, seine runden Geburtstage im Amt (der 50-er 2001 und der 60-er 2011, Anm.) seien Benefizveranstaltungen gewesen, alle Geschenke seien umgehend an karitative Einrichtungen weitergegeben worden, 2001 waren das etwa Spenden im Wert von 270.000 Schilling. Er habe auch keinen Einfluss auf die Empfänger gehabt, versicherte Niessl.

Der KURIER wollte auch wissen, ob Niessl in seiner Zeit als Landeshauptmann (2000 bis 2019) je von den Prüfberichten der TPA über die Kreditgenossenschaft (Mutter der Commerzialbank) erfahren habe? Niessl: Die seien seiner Erinnerung nach nie Thema gewesen, er selbst sei zudem nie Finanzlandesrat gewesen.

Das Land hatte 1995 die Prüfaufsicht über die Genossenschaft übernommen, nachdem Pucher aus dem Raiffeisenverband ausgeschert war und die Commerzialbank gegründet hatte. Die Aufsicht des Landes ist auch Dreh- und Angelpunkt im U-Ausschuss des Landtags, der am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche wieder tagt.

Die Prüfberichte der Wirtschaftstreuhänder TPA wurden vom Land bisher nicht vorgelegt. Sie sollen aber - so wird versichert - tatsächlich existieren. Und zwar in der Finanzabteilung des Landes, obwohl laut Referatseinteilung der Landesregierung all die Jahre eigentlich der Wirtschaftslandesrat zuständig gewesen wäre. Die Finanzen wurden seit 1995 immer von der SPÖ verwaltet, die Wirtschaftsagenden erst seit der heurigen Landtagswahl.