Kinder ertrinken lautlos – Aufsicht ist oberstes Gebot
Von Roland Pittner
„Nie in Millionen Jahren hätten wir gedacht, einmal solch einen Schmerz zu fühlen“, schreibt Ex-US-Skistar Bode Miller auf Instagram und postet Bilder von seiner Tochter. Die 19 Monate alte Emeline ist tot. Am Sonntag soll sie im Pool der Nachbarn bei einer Feier ertrunken sein. „Unser kleines Mädchen hat das Leben geliebt und hat es jeden Tag ausgekostet“, schreibt Miller. Trotz Versuchen, das Mädchen zurück ins Leben zu holen, ist die Kleine im Krankenhaus gestorben.
Im Faaker See in Kärnten ist am Sonntag ein sechs Jahre alter Bub aus Villach ertrunken. Der Sechsjährige war am Nachmittag plötzlich verschwunden. Er ging zum Wasser und dürfte dort sofort untergegangen sein. Taucher fanden nach eineinhalb Stunden den leblosen Körper des Jungen in acht Metern Tiefe. Das Kind wurde noch intensivmedizinisch betreut, doch jede Hilfe kam zu spät.
Lebensretter
Im Oberwarter Freibad im Burgenland konnte am Montag ein weiterer Todesfall verhindert werden. „Ich wollte gerade ein Pflaster holen, da habe ich Hilfeschreie gehört“ schildert Bademeister Josef Fassl im KURIER-Gespräch. Ein dreijähriges Mädchen ging gerade im tiefen Becken unter, andere Kinder wussten nicht, was zu tun ist und schrien um Hilfe. „Ich hab’ sie sofort rausgefischt, sie war schon ganz blau angelaufen. Ich habe mit Herzmassage und Beatmung begonnen“, sagt Fassl.
Eine Krankenschwester, die zufällig vor Ort war, unterstützte den Bademeister bei der Reanimation. „Schon nach kurzer Zeit spuckte das Mädchen Wasser aus und kam zu sich“, sagt Fassl. Der Notarzt brachte die Kleine ins Spital, sie befand sich am Dienstag nicht mehr in Lebensgefahr. Wie es zu dem Unfall kam, ist noch unklar; die Dreijährige war mit ihrer älteren Schwester unterwegs und dürfte ins Becken gestürzt sein.
Schnelligkeit
In 30 Dienstjahren hat Fassl schon mehreren Menschen das Leben gerettet. „Kinder ertrinken lautlos“, weiß der Bademeister. Durch den Schock nach einem Sturz ins Wasser würde sich die Stimmritze im Rachen schließen, sie könnten sich auch kaum bewegen. „Die Atmung ist blockiert und sie gehen mit großen Augen ohne Gegenwehr unter“, weiß der Bademeister. Dann heißt es schnell sein.
Im Fall der Dreijährigen kam die Hilfe noch rechtzeitig. „Zwei Minuten reichen aus, dass ein Kind im Wasser das Bewusstsein verliert. Nach fünf Minuten kann Sauerstoffmangel bereits zum Tod führen“, erklärt Johanna Trauner-Karner vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. Es muss aber kein See oder Swimmingpool sein, oft reicht auch eine Pfütze oder ein zehn Zentimeter tiefer Bach für einen tragischen Unfall.
Beaufsichtigen
Durchschnittlich fünf Kinder unter 15 Jahren ertrinken pro Jahr in Österreich – davon sind vier jünger als fünf Jahre alt. Das Ertrinken ist die häufigste unfallbedingte Todesursache in dieser Altersgruppe. „Es ist im wahrsten Sinn des Wortes von lebensrettender Bedeutung, dass Kinder – auch wenn sie schon schwimmen können – in der Nähe von Gewässern nie unbeaufsichtigt bleiben“, sagt Trauner-Karner.
Regeln
Gerade bei Kleinkindern gelte: Ist die Aufsichtsperson nicht in Reichweite, also einen bis maximal drei Schritte entfernt, bleibt für die Rettung wenig Zeit – manchmal zu wenig, um schlimme Folgen zu verhindern. Bei Festen mit einem Swimmingpool sollte immer eine Person für die direkte Beaufsichtigung der Kinder zuständig sein. Kindern sollte auch beigebracht werden, dass sie sich auf den Bauch legen sollen, wenn sie ins Wasser schauen wollen. Damit sie nicht mit dem Kopf voraus hineinstürzten. Für Bademeister Fassl ist die wichtigste Regel, sei es am See oder im Schwimmbad, „dass die Besucher aufeinander achten“ und sich gegenseitig helfen. „Man muss schnell sein“, weiß der Lebensretter.