Das Abenteuer Bäuerin zu sein
Von Georg Gesellmann
Martina Schmit betreibt keinen Sport, ihr Sport ist ihr Betrieb. Zum Ausgleich macht sie Yoga, einmal pro Woche. Das hilft ihr und lenkt sie ab, macht ihren Kopf frei für das Abenteuer, als Frau einen landwirtschaftlichen Bio-Betrieb zu führen.
Doch das Schicksal führte hier Regie. Ihr Vater wurde schwer krank, die Mutter war auch nicht gut auf den Beinen. Schnell musste eine Entscheidung getroffen werden über: Geben wir den Betrieb auf oder machen wir weiter?
Großartig aufgestellt war der Betrieb nicht. Zwölf Hektar bewirtschafteten ihre Eltern. Kühe standen im Stall, Schweine wurden gefüttert, Wein war ausgepflanzt und auf den Feldern Kukuruz angebaut. Mittlerweile bewirtschaftet Martina Schmit, vormals Klikovits, weit mehr als 100 Hektar Ackerfläche rund um Zagersdorf. Und die fast im Alleingang. Ihr Mann ist Kriminalbeamter und unterstützt sie, soweit es für ihn möglich ist. Kühe stehen nicht mehr im Stall, die Schweine sind weg und die Weingärten wurden gerodet. „Meine Familie ist mir eine sehr große Hilfe“, sagt die Bäuerin, die den Schritt vom Schreibtisch auf den Traktor „noch nie“ bereut hat.
Nachgedacht
Die grundsätzliche Überlegung war eigentlich nicht kompliziert, und dennoch schwierig: Martina Schmit, Mutter zweier Kinder, dachte nicht über die Unsterblichkeit des Maikäfers nach, sondern darüber, was sie aus dem Betrieb machen sollte. Schlussendlich blieb nur ein Weg offen: Für die Zukunft der Welt gesunde Böden schaffen, Nachhaltigkeit ernst nehmen und einen „großen Beitrag“ für die Umwelt leisten.
Kein Urlaub
Selbst dann, wenn in „guten Zeiten“ Martina Schmit mit „mindestens 70 Stunden pro Woche“ im Einsatz ist. An Urlaub war und ist heute noch nicht gedacht. Doch trotz der Einschränkungen: „Bäuerin zu sein ist schön.“ Sie produziert Kürbisse zur Kürbiskernölgewinnung, Leinsamen, Sonnenblumen zur Speiseölgewinnung (Kaltpressung) und Popcorn-Mais für die Direktvermarktung ab Hof. Weizen, Gerste, Roggen, Dinkel, Erbsen, Sojabohnen, Mais und Sonnenblumen baut sie an.
Martina Schmit ist eine Kämpferin. Sie will vor allem einen höheren Stellenwert der Bauernschaft erreichen. Einen so hohen wie ihn zum Beispiel die Ärzte haben. Denn wenn die Ärzte für ihre Interessen eintreten, dann müsse die ganze Nation aufhorchen. Würde es bei den Bauern ebenfalls so sein , „dann wäre ganz Wien mit Rüben zugeschüttet “.
Vor Jahren noch belächelt und auch nicht ernst genommen, nimmt die Biolandwirtschaft stetig zu. So sind im Burgenland in den vergangenen drei Jahrzehnten die biologisch bewirtschafteten Flächen von rund 100 auf 42.000 Hektar gestiegen. Mittlerweile hat die Biolandwirtschaft hier einen Flächenanteil von mehr als 25 Prozent erreicht. Damit liegt es im europäischen Spitzenfeld. Österreichweit liegt der Anteil der Bio-Flächen bei 15,7 Prozent, in der EU bei vier Prozent.
Vor 30 Jahren, 1981, wurde auch der Verein Bio Austria Burgenland ins Leben gerufen. Etwa 15 Landwirte waren an der Gründung des damaligen „Landesverband Burgenland organisch-biologisch wirtschaftender Bauern Österreichs zur Förderung des biologischen Landbaus“ beteiligt. Mittlerweile sind es 674 Mitgliedsbetriebe. Insgesamt gibt es im Burgenland rund 900 Biobauern. Zu den Aufgaben des Vereins zählen neben der Interessensvertretung auch Beratung und Lobbying.
„Wachstum und gut leben“ lautet das Motto der diesjährigen Bio Austria Bauerntage, die heute im Schloss Puchberg bei Wels beginnt. Diese Bauerntage gehören zur größten Weiterbildungsveranstaltung biologisch wirtschaftender Landwirte.
Das detaillierte Programm ist unter www.bio-austria.at/bauerntage abrufbar.