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James Morrison: Zwischen Geburt, Sucht & Tod

Mit acht Jahren musste James Morrison lernen, sich seine Hemden zu bügeln, nach der Schule zu kochen, selbstständig zu sein. "Mein Vater war ein Trinker und hatte uns verlassen, als ich ein Kleinkind war", erzählt der Sänger im KURIER-Interview. "Und meine Mutter war depressiv und kaum zu Hause, weil sie Geld für uns Kinder verdienen musste."
Familienverhältnisse, die oft in den Songs des Briten Niederschlag finden. Doch während er in "This Boy" vom Debüt-Album "Undiscovered" über sein Verhältnis zur Mutter reflektiert, steht auf dem Freitag erschienenen "The Awakening" der Vater im Zentrum, der während der Aufnahmen gestorben ist.

Selbstzerstörung

"Obwohl er uns so früh verlassen hat, habe ich ihn so, so sehr geliebt", sagt der 27-Jährige. "Denn er war im Grunde ein guter Mensch. Er hat nur nicht das gemacht, was alle von ihm erwartet haben. In dem Song ,Up' sage ich zu ihm, dass es mir weh tut, zusehen zu müssen, wie er sich mit dem Alkohol selbst zerstört. Dass er das ändern kann, dass er selbst auch sehen soll, dass er trotz seiner Sucht ein guter und geliebter Mensch ist. Und dass ich immer da sein werde, um ihm dabei zu helfen."

Aufgenommen hat er "Up", das der Vater vor seinem Tod nicht mehr hören konnte, wieder als Duett. Nachdem Morrison 2008 mit dem Nelly-Furtado-Duett "Broken String" seinen größten Erfolg hatte, war jetzt Jessie J dran. Einerseits weil er das Gefühl hatte, dass ihre gesanglichen Qualitäten wegen ihrer Pop-Star-Qualitäten zweitrangig geworden sind. Andererseits wollte er das extrem persönliche Lied damit "offen für andere Interpretationen" machen.

Ängste

Der Albumtitel "The Awakening" bezieht sich aber nicht nur auf den Tod des Vaters, sondern auch darauf, dass Morrison 2008 selbst Vater geworden ist: "In dem Song ,The Awakening' geht es darum, dass ich vor Elsies Geburt all diese Ängste hatte, Vater zu werden - sicher auch wegen meiner eigenen Familiengeschichte. Dass ich vergangenes Jahr aber aufgewacht bin und gemerkt habe, wie wundervoll das ist." Überhaupt, sagt er, sei er in der Zeit nach seinem zweiten Album "nahe am überschnappen" gewesen. "Ich war immer im Zwiespalt, daheim bei meiner Tochter, aber gleichzeitig auch Musiker sein zu wollen. Ich spielte die größten Konzerte meiner Karriere und war aber künstlerisch unglücklich, weil ich für das zweite Album zu wenig Zeit hatte."
Fürs dritte nahm er sich jetzt genug Zeit. Und er holte sich den Ex-Suede-Gitarristen Bernard Butler als Produzenten: "Bernard liebt genau wie ich Soul-Klassiker wie Sam Cooke und Stevie Wonder. Und er ist großartig darin, Platten so klingen zu lassen, als hätten alle Musiker zusammen in einem Raum gespielt. Durch ihn ist 'The Awakening' jetzt das, was ich mir schon für das zweite Album erträumt hatte."