Gaga in Wien: Ulala auf der Straps-Spinne
Von Guido Tartarotti
Popkonzerte haben etwas mit Arztbesuchen, Amtswegen und Flugreisen zu tun: Sie bestehen zu einem nicht unerheblichen Teil aus Warten. Eine Stunde lang ließ Lady Gaga nach dem letzten Ton ihrer Vorgruppe The Darkness verstreichen, bevor sie sich auf die Bühne bequemte. Diese Pause füllte sie mit Kuschelklassik von Mozart bis Albinoni (auch das erinnerte an Arztwartezimmer). Ja, da gab es ein Pfeifkonzert. Oje!
Als es um viertel zehn dann doch losging, war der Ärger schon deshalb sofort vergessen, weil das Gehirn vor Staunen keine Chance mehr zum Nachdenken bekam: Die Bühne war eine Art Burg, die mit Laserkanonen feuerte. Lady Gaga kam zu Pferd auf die Bühne (unecht – also das Pferd jetzt, nicht Gaga, die war schon echt).
Es entwickelte sich rasch das, was amerikanische Popstars glauben, ihren Fans bieten zu müssen. Eine Show, die mit einem Konzert wenig zu tun hat. Eine Materialschlacht, "Tanz der Vampire", nur ohne Vampire, "Holiday On Ice", nur ohne Eis, eine Modenschau, nur lauter. Absurd pompös, aber genau deshalb auch wieder schwerst beeindruckend.
Rara a-a a, rama ramama
"Rara a-a a, rama ramama, gaga ulala": Was ein bisschen so klingt wie ein Kind, das seinen Stoffwechsel beschreibt, ist eine Zeile aus Lady Gagas Hit "Bad Romance". Und sie beschreibt genau, worum es hier geht: Gaga ulala sein. Und auch ein bisschen a-a a. Ramama schadet sowieso nix.
Übrigens: Ja, die kann toll singen, und ihre Songs sind geschmeidig komponierte, bestens funktionierende Konsens-Disco-Stücke. Die Liveband hat eine gewisse Neigung zum Schweinerock, macht aber ordentlich Druck.
Großartig war aber auch die Show, die sich vor dem Konzert draußen bot: Tausende Fans , oder "Monster", wie Lady Gaga sie nennt, warteten zum Teil seit dem frühen Morgen, um die besten Plätze vor der Bühne zu ergattern. Trotz Hitze bestens gelaunt (und von besorgten Eltern mit Getränken versorgt). "Wir sind seit zehn da", ruft eine. "Wir seit acht", antwortet einer. "Ich seit halb sieben", sagt ein anderer – der hat gewonnen.
Modenschau-Stimmung
Auch hier draußen herrscht Modenschau-Stimmung. Beliebtestes Accessoire: Der durchlöcherte Strumpf, gerne auch am Männerbein. Manche interpretieren das Konzert in Richtung Life-Ball, andere kommen ganz zahm im kurzärmeligen Hemd. Gaga ulala ist Einstellungssache, nicht nur Modefrage!
Irgendwann im Konzert fragte jemand im Publikum seinen Nachbarn: "Hat das alles einen Sinn?"
Natürlich wirkte die Frage ein wenig deplatziert – schließlich ritt Lady Gaga gerade auf einer Spinne mit Strapsen (in diesem Fall die Spinne, nicht Gaga). Aber der Sinn ist vermutlich folgender: Wir sind alle total unangepasst, und zwar im Takt. Gaga ulala! Oder wie Lady Gaga sagte: "Ich bin keine Frau, ich bin kein Mensch, ich bin ihr! Und so wurde ich geboren."
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