Medizin aus der Nase

Medizin aus der Nase
Bakterien in der Nasenschleimhaut bergen viel Potenzial für die Wissenschaft.

Der Duft von Lavendel im Stüberl der Großeltern, der Geruch von Sommerregen im Wald – die Nase hilft dabei, Erinnerungen zu speichern, gute wie schlechte. Werden Prüfungsräume speziell beduftet, kann das sogar dabei helfen, Informationen abzurufen. "Gerüche können Barriere oder Stütze sein – je nachdem, was wir damit verbinden", sagt Univ.-Prof. Veronika Schöpf vom Institut für Psychologie an der Karl-Franzens Universität. Der Verlust des Geruchssinns, etwa nach einer Erkältung, kann daher fatale Folgen haben – bis hin zur Depression. Schöpf versucht daher herauszufinden, inwieweit der Geruchssinn mit der Bakterienbesiedlung in der Nase zusammenhängt.

"Wenn man Antibiotika nimmt, wird einem empfohlen, Probiotika einzunehmen, um die Darmflora wieder aufzubauen – so ähnlich könnte das auch mit den Bakterien in der Nase funktionieren", erklärt die Forscherin und sucht noch Studienteilnehmer, die normal riechen können, um herauszufinden, ob Mikroorganismen in der Nase neue Perspektiven für die Therapie von Riechstörungen eröffnen könnten (Kontakt für Freiwillige unter geruchsstudie@gmx.at).

Antibiotika

Der Ansatz ist vielversprechend, zumal deutsche Forscher ausgerechnet in der Nase ein neues Antibiotikum entdeckt haben. Der Stoff mit dem Namen Lugdunin soll sogar gegen die gefürchteten, antibiotikaresistenten Krankenhauskeime wirksam sein, berichten die Forscher der Universität Tübingen im Fachmagazin Nature.

Produziert wird das Antibiotikum aus dem Bakterium Staphylococcus lugdunensis, das bei einem kleinen Teil der Menschen natürlicherweise in der Nase verkommt. Während der Forschungsarbeiten stellte sich heraus, dass Lugdunin gegen mehrere Bakterienstämme hilft, die gegen Antibiotika resistent sind.

"Die Entdeckung zeigt wieder einmal, wie wichtig geduldige Grundlagenforschung ist", sagt dazu einer der Autoren, Andreas Peschel. "Normalerweise werden Antibiotika nur von Bodenbakterien und Pilzen gebildet. Die Vorstellung, dass die menschliche Mikroflora ebenfalls eine Quelle von antimikrobiellen Stoffen sein könnte, ist eine neue Entdeckung."

Die Wissenschaftler hoffen nun, mit dieser Entdeckung den Grundstein für weitere Antibiotikaforschung gelegt zu haben. Allerdings sei es noch ein langer Weg bis zu einer etwaigen Zulassung als Medikament. Noch müssten diverse Wechsel- und Nebenwirkungen im Körper erforscht werden.

Alzheimer

Ein paar Schritte weiter ist die Wissenschaft bei der Diagnose von Alzheimer mithilfe von einem Riechtest. Bei der internationalen Alzheimerkonferenz in Toronto wurden zwei Studien mit einem Geruchserkennungstest zur frühzeitigen Diagnose von Alzheimer vorgestellt. Der sogenannte UPSIT (kurz für University of Pennsylvania Smell Identification Test) ist günstiger und soll Hinweise auf eine Alzheimer-Erkrankung deutlich früher erkennen als die üblichen bildgebenden Verfahren und Untersuchungen per Lumbalpunktion.

Sieht so aus, als gäbe es in der Nase noch viel zu entdecken – nicht nur, ob man sich noch an Großmutters Stüberl erinnern kann.

Kommentare