Was Sie über Erdbeben wissen sollten

Zerstörtes Haus in Accumuli di Rieti, Italien.
Welche Gebiete in Europa gefährdet sind und was genau passiert, wenn die Erde bebt.

Schwere Erdbeben entstehen infolge ruckartiger Verschiebungen tektonischer Gesteinsplatten im tieferen Bereich der Erdkruste. An den Plattengrenzen kommt es zu starken Spannungen, die sich schlagartig in Beben entladen können.

Allerdings sind nicht alle Erdbeben durch die Kontinentalverschiebung verursacht. Auch Menschen lösen Erdbeben aus. Im Fall von aktiver Seismik oder bei Atomwaffentests werden die Beben bewusst herbeigeführt. Bei der konventionellen Förderung fossiler Kohlenwasserstoffe wie Erdöl und Erdgas bebt die Erde vom Menschen unbeabsichtigt – durch die Verringerung des Porendruckes verändern sich die Spannungsverhältnisse im Gestein der Lagerstätte. Anthropogene Erdbeben finden auch beim Einsturz von unterirdischen Hohlräumen, die durch Bergbau entstehen, oder im Zusammenhang mit der unkonventionellen Förderung fossiler Kohlenwasserstoffe, speziell durch Fracking, statt. Diese Erschütterungen sind meist nur mess-, aber nicht spürbar.

Wie wird die Erdbeben-Stärke gemessen?

Bei der Messung von Erdbeben wird die Stärke der Bodenbewegung angegeben (Magnitude). Weltweit treten jährlich etwa 50 000 Beben der Stärke 3 bis 4 auf. Etwa 800 haben die Stärken 5 oder 6. Ein Großbeben hat den Wert 8. Das heftigste bisher auf der Erde gemessene Beben hatte eine Magnitude von 9,5 und ereignete sich 1960 in Chile. Erdbeben können je nach Dauer, Bodenbeschaffenheit und Bauweise in der Region unterschiedliche Auswirkungen haben. Meist gilt:
- Stärke 1-2: nur durch Instrumente nachzuweisen
- Stärke 3: nur in der Nähe des Epizentrums zu spüren
- Stärke 4-5: 30 Kilometer um das Zentrum spürbar, leichte Schäden
- Stärke 6: mäßiges Beben, Tote und schwere Schäden in dicht besiedelten Regionen
- Stärke 7: starkes Beben, oft katastrophale Folgen und Todesopfer
- Stärke 8: Großbeben mit vielen Opfern und schweren Verwüstungen

Was ist die Richterskala?

Früher wurde die Erdbebenstärke einheitlich nach der Richterskala bestimmt, ein Messverfahren, das auf den amerikanischen Seismologen Charles Richter zurückgeht, der es in den 1930er Jahren des 20. Jahrhunderts entwicklet hat. Heute wird sie nur noch eingeschränkt eingesetzt, auch weil das Verfahren nur bei Erschütterungen in der Nähe der Messstationen zuverlässige Werte liefert (Lokalmagnitude). Mittlerweile werden mehrere Skalen parallel verwendet. Derzeit gilt die sogenannte Momentmagnitude als bestes physikalisches Maß für die Stärke eines Bebens. Sie bestimmt das gesamte Spektrum der seismischen Wellen bei Erdstößen. Die meisten Skalen ergeben zumindest bei schwächeren Beben ähnliche Werte wie die Richterskala, erlauben aber eine genauere Differenzierung bei schweren Beben. Es gibt mehrer Verfahren: Während die Mercalli-Skala die Intensität eines Bebens, also die Auswirkungen auf die Umwelt widergibt, dienen die Richter- als auch die Momenten-Magnituden-Skala zur objektiven Feststellung der bei einem Erdbeben ausgelösten Energie mit Hilfe von Seismographen.

Welche Gebiete in Europa sind gefährdet?

In Europa ist neben Griechenland besonders Italien erdbebengefährdet. Ein Beben der aktuellen Stärke kommt in Italien durchschnittlich alle zehn Jahr vor. Unter dem Land bewegt sich ein etwa tausend Kilometer langer Keil der afrikanischen Platte mehrere Meter im Jahrhundert nach Norden und drückt gegen die Alpen unter die eurasische Platte. Dabei können verheerende Kräfte frei werden. So starben 1908 in Messina auf Sizilien und in Süd-Kalabrien mehr als 100 000 Menschen. Mindestens 3000 Menschen wurden im November 1980 bei Erdstößen in Neapel und 100 weiteren Orten der Region Kampanien getötet. Im April 2009 kamen mehr als 300 Menschen ums Leben, als in der mittelitalienischen Region Abruzzen mit ihrer Hauptstadt L'Aquila die Erde bebte.

Wann bebte in Österreich die Erde?

Schwere Erdbeben sind in Österreich bisher kaum aufgetreten. Die stärksten Erdstöße wurden laut Rekonstruktionen der ZAMG im Jahr 1201 mit einer Magnitude von 6,1 (nach Richter) und mit dem Epizentrum Katschberg in Kärnten verzeichnet. 1972 wurde in Niederösterreich eine Stärke von 5,3 erreicht. Das Epizentrum am 16. April 1972 lag in der Buckligen Welt, in Seebenstein, doch die Erschütterungen waren bis Wien zu spüren, wo es als stärkstes Beben des 20. Jahrhunderts galt. Verletzt wurde niemand, aber es kam zu Sachschaden: In Guntramsdorf und in Schwarzau stürzten zwei ältere Gebäude ein, zwei Eisenkreuze fielen von den Türmen der Kirche.

Erdbeben aus historischer Sicht:

In der Antike wurden Erdbeben häufig Göttern zugeschrieben. Die alten Griechen glaubten, dass die Kontinente auf dem Wasser schwimmen und wie Schiffe hin und her schaukeln. Andere vermuteten, dass Erdbeben in Höhlen ausbrechen. In Japan gab es den Mythos des Drachen, der den Erdboden erzittern lässt, wenn er wütend ist. Im europäischen Mittelalter machte man Gott für Naturkatastrophen verantwortlich. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts kam die heute allgemein anerkannte Theorie von der Plattentektonik und der Kontinentaldrift durch Alfred Wegener auf.

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