Blutdruck: Neue Richtwerte für Risikopersonen

Blutdruck wird mit Blutdruckmanschette am Arm gemessen
120 mmHg systolisch laut Experten wahrscheinlich empfehlenswert

Derzeit lauten die Empfehlungen für den Blutdruck bei Hypertoniepatienten auf das Erreichen von zumindest 140/90 mmHg (systolischer/diastolischer Blutdruck). Doch bei Risikopersonen sollten es idealerweise wahrscheinlich höchstens 120/70 mmHg sein. Dies haben aktuelle Studien ergeben, betonten am Donnerstag Fachleute bei einer Pressekonferenz in Wien.

"Wir reden vom Gesundheitsproblem Diabetes. Laut Weltgesundheitsorganisation leidet jeder zehnte Menschen weltweit an Diabetes. Ein noch viel größeres Problem ist der Blutdruck. Jeder dritte Mensch über 25 Jahren leidet an einem Bluthochdruck", sagte Bruno Watschinger, Nieren- und Hypertoniespezialist von der Universitätsklinik für Innere Medizin III im Wiener AKH (MedUni Wien).

Seit langem anerkannt ist, dass die Hypertonie der größte Risikofaktor für chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist. Dann kommt das Rauchen. In Österreich weisen 38 Prozent der Menschen einen zu hohen Blutdruck auf, 37,5 Prozent der Todesfälle bei Männern und 47 Prozent bei den Frauen sind durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall etc. bedingt.

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Weniger Erkrankungen

Eine im November vergangenen Jahres im New England Journal of Medicine publizierte Studie (SPRINT), die von den nationalen US-Gesundheitsinstituten finanziert worden war, hat zu einem neuen Bild von den Behandlungsnotwendigkeiten bei Hypertonie geführt. Senkte man bei Patienten mit einem höheren Herz-Kreislauf-Risiko aber ohne Diabetes durch eine intensivere medikamentöse Therapie den systolischen Blutdruck auf rund 120 mmHg (diastolisch knapp unter 70 mmHg) statt durch die Verwendung von weniger Arzneimitteln nur auf etwa 135 mmHg (diastolisch etwas mehr als 75 mmHg), sank das Risiko für Herzinfarkt, andere akute Koronarerkrankungen, Schlaganfall, Herzschwäche oder Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 25 Prozent, die Gesamtsterblichkeit um 27 Prozent. Das war statistisch signifikant. Die auf ursprünglich 7,5 Jahre angesetzte Studie mit insgesamt rund 9.400 Patienten wurde nach etwas mehr als drei Jahren abgebrochen, weil die Unterschiede so deutlich waren.

"Innerhalb der dreieinviertel Jahre bedeutete die intensivere Behandlung von 90 Hypertoniepatienten die Verhinderung eines Todesfalles", sagte Thomas Weber, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie. Es sei anzunehmen, dass in Österreich etwa ein Viertel der Hypertoniepatienten von einer solchen intensivierten Behandlung mit einer Wirksubstanz mehr profitieren würde. In der Studie ging es nicht um den Vergleich der Wirksamkeit der verschiedenen Blutdruck senkenden Mittel, sondern ausschließlich um die Bestimmung der Folgen einer größeren Blutdruckreduktion als bisher oft angepeilt.

Erste Effekte

Eine erst kurz vor Weihnachten im "Lancet" erschienene Metaanalyse von 123 Studien mit 600.000 Patienten hat den Effekt einer größeren Blutdrucksenkung wie in der US-SPRINT-Untersuchung auch auf einer noch viel breiteren Datenbasis belegt. "Jede Reduktion des systolischen Blutdrucks um zehn mmHg verringerte die Gefährdung durch Herz-Kreislauferkrankungen um ein Fünftel, das Risiko für einen Schlaganfall oder chronische Herzschwäche um ein Viertel und das Mortalitätsrisiko um 13 Prozent", fasste der "Lancet" die Ergebnisse zusammen.

Wissenschafter des Austrian Institute of Technology (AIT) haben mit ihrer AIT-ARCSolver-Technologie eine Methode gefunden, mit welcher bei normaler Blutdruckmessung auch eine Interpretation der Blut-Druckwellenformen bei Hypertoniepatienten ohne invasive Verfahren möglich wird. Laut Entwickler Siegfried Wassertheurer bringt das eine genauere Aussage über das Risiko von Bluthochdruckpatienten. In den Vereinigten Staaten können Ärzte die Verwendung des Verfahrens bereits abrechnen.

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