Geschichte und G’schicht’ln

ABD0032_20151111 - DONAWITZ - ÖSTERREICH: THEMENBILD - THEMENBILD - Illustration zum Thema "Voestalpine - Standort Donawitz": Im Bild Arbeiter an einem Hochofen am Standort Donawitz, aufgenommen am 10. Dezember 2009. (ARCHIVBILD VOM 10.12.2009) - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
Ehemalige und aktive Top-Manager erklären Hintergründe und erzählen Anekdoten.

Der damalige Steyr-Konzern-Chef Rudolf Streicher fiel Anfang 1998 aus allen Wolken: Der neue Steyr-Aufsichtsratspräsident, CA-Chef Erich Hampel, teilte ihm mit, dass Steyr an den Magna-Konzern verkauft werde. Als Streicher fragte, wann und mit welchen Vorgaben er über Preis und Bedingungen verhandeln solle, antwortete Hampel: "Rudolf, das ist schon verhandelt."

Ähnlich erging es Altkanzler Franz Vranitzky laut eigener Erzählung. Der damalige CA-Vorstand erfuhr am Weltspartag-Empfang 1980 von FPÖ-Chef Friedrich Peter so nebenbei, dass er 1981 von der CA an die Spitze der ebenfalls mehrheitlich staatlichen Länderbank übersiedeln werde. Das hätten SPÖ und Regierung bereits abgesegnet.

Verstaatlichte

Solche überraschenden und weitgehend unbekannten Details ziehen sich durch das gesamte Buch "Auf der Überholspur", herausgegeben vom ehemaligen Länderbank-Vorstand und heutigen Unternehmer Herbert Cordt. Cordt und der Journalist Gerd Millmann interviewten 41 ehemalige und aktive Top-Manager, Unternehmer und Ex-Politiker zur Entwicklung der heimischen Industrie und Wirtschaft seit 1955. Relativ breiten Raum nimmt die "alte" verstaatlichte Industrie ein, die nach dem Milliarden-Debakel bei der Voest und der Chemie Linz Mitte der 1980er-Jahre umstrukturiert und privatisiert wurde.

Beschrieben wird auch, wie der Unternehmer Hellmut Longin von den amerikanischen Eigentümern die Feuerfest-Gruppe Radex kaufte, mit der Veitscher Magnesit fusionierte, und wie durch Zukäufe der Feuerfest-Konzern RHI daraus wurde.

Beleuchtet wird auch, wie und warum ganze Branchen – etwa die Tabak- oder die Textilindustrie – aus Österreich verschwanden. Und wie die Chancen in Osteuropa zum Verlustbringer für Industrie und Banken wurde.

Auch Zukunftsthemen behandelt das Buch, vor allem die Veränderungen in der industriellen Produktion, aber auch der gesamten Arbeitswelt durch die zunehmende Digitalisierung der Fertigung.

Herbert Cordt: Auf der Überholspur. Zeitzeugen über das Goldene Zeitalter der österreichischen Wirtschaft. Molden Verlag, 304 Seiten 34,90 Euro

Geschichte und G’schicht’ln
Molden Verlag

Der Reformstau und der politische Stillstand lassen das Vertrauen in die Politik drastisch sinken. Wut ist mittlerweile zu einer politischen Kategorie geworden. Gleichzeitig sinkt die Bereitschaft der Kritiker, sich politisch zu engagieren.

Die Autoren wollen mit diesem Buch Alternativen zum Kritisieren und Jammern aufzeigen. Sie wollen beweisen, dass sich Mut – und nicht Wut – zu nicht immer konventionellen Lösungsansätzen langfristig auszahlt. So fordern etwa Franz Schellhorn und Philipp Geymüller vom Thinktank Agenda Austria mehr statt weniger Föderalismus. Aber "echten" Föderalismus wie in der Schweiz: Die Länder sollten selbst Steuern einnehmen und ihre Ausgaben danach richten. Der rebellische Crowdfunding-Pionier Heini Staudinger fordert zu mehr Eigenverantwortung und zu selbstständigem Handeln auf. Der Staat müsse den Rahmen dafür schaffen.

Elisabeth Köstinger und Stephan Pernkopf (Hg): Wer sich bewegt, verliert nicht. Leykam Verlag, 130 Seiten, 19,80 Euro

Wenn eine ehemalige Spitzendiplomatin über besseres Wirtschaften spricht, dann wird keine Brechstange ausgepackt. Für Gerlinde Manz-Christ ist "der Schlüssel zu Erfolgen eine Liebe zum Menschen, eine Grundhaltung des Wohlwollens anderen gegenüber".

Diplomatische Kommunikation ist konstruktiv und lässt dem anderen sein Gesicht auch dann wahren, wenn er in Wahrheit der Verlierer ist. Mitverantwortung und nicht Ego-Trip zählt. Die innovativsten Firmen der Welt, so meint sie, bestehen aus einer Vielzahl kleiner, agiler Teams, die an einem Strang ziehen. Auch "Leitwölfen" schlägt sie vor, nicht immer nur auf die Führungsrolle abonniert zu sein. Ihr Buch ist gespickt von anschaulichen Geschichten aus dem realen Politik- und Wirtschaftsleben. Schließlich war Manz-Christ nach ihrer Diplomatenkarriere auch Regierungssprecherin des Fürstentums Liechtenstein.

Gerlinde Manz-Christ: Die Kunst des sanften Siegens. Erfolgreich mit Diplomatie. Goldegg Verlag, 234 Seiten, 19,95 Euro

Krieg war immer schon ein gutes Geschäft – das ist auch in Amerikas "Krieg gegen den Terror" nicht anders. Über 4000 Milliarden Dollar haben die USA seit den Anschlägen vom 11. September 2001 in den Anti-Terror-Kampf gesteckt und dabei eine gewaltige Geheimdienst- und Zulieferindustrie hochgezüchtet.

Eine Krake, wie US-Starjournalist James Risen beschreibt, die Unmengen von Geld verschlingt – mit oft nicht nachprüfbaren Erfolgen. Schlimmer noch: Milliarden gingen verloren oder wurden, wie im Irak der Jahre 2003 und 2004, unter Augen der US-Verwaltung gestohlen. Nicht selten haben sich auch einfache Soldaten die Tausender-Bündel in die Hosentaschen gesteckt. Risens Buch ist keine leichte Kost, aber gut lesbar und unverzichtbar für all jene, die wissen wollen, warum der "Krieg gegen den Terror" noch lange dauern wird – weil nämlich so viel Geld damit zu verdienen ist.

James Risen: Krieg um jeden Preis. Gier, Machtmissbrauch und das Milliardengeschäft mit dem Terror. Westend-Verlag. 310 Seiten, 17,99 Euro

In seinem Testament bestimmte Alfred Nobel (1833 bis 1896) folgendes: Der von ihm geschaffene und nach ihm benannte Friedensnobelpreis soll an jene Personen gehen, die die meiste oder beste Arbeit für die Verbrüderung von Nationen, für die Abschaffung oder Reduzierung von Armeen und für das Durchführen und Fördern von Friedenskongressen geleistet haben.

Wie sehr sich die Nobel-Stiftung in Oslo seit der ersten Verleihung im Jahr 1901 an diese Vorgaben bisher bei ihren Entscheidungen gehalten hat und wer wirklich über Komitees und Vergabe entscheidet, analysiert Autor Emil Bobi. Dazu hat er vor Ort recherchiert und mit Preisträgern, Mitgliedern der Nobel-Organisation, Politikern und Kritikern gesprochen. Auch ein ausführlicher Blick in das Leben Nobels und seinen Absichten findet Platz. Nicht zuletzt stellt sich der Autor die Frage, wie es mit dem Preis weitergehen könnte.

Emil Bobi: Der Friedensnobelpreis – ein Abriss. Ecowin, 176 S., 18,95 Euro

"Das letzte Hemd hat keine Taschen." Dieser alte Spruch hat heute noch Gültigkeit. Denn im Todesfall kann niemand sein Vermögen mitnehmen. Es gibt viele Möglichkeiten, dieses noch zu Lebzeiten oder nach dem Tod weiterzugeben. Doch die richtige Vorgehensweise zu wählen, ist alles andere als einfach. Die Judikatur ändert sich laufend, insbesondere im Zuge der jüngsten Steuerreform.

Diese hat der Wirtschaftsjurist Heinrich Weninger zum Anlass genommen, den Ratgeber "Vermögen richtig weitergeben" neu aufzulegen. Es richtet sich an all jene, die entweder Vermögen bald übergeben wollen oder ein Erbe erwarten. Im Detail werden unter anderen das Erstellen eines gesetzlich gültigen Testaments, die Formen von Unternehmensübergaben, die richtige Weitergabe von Auslandsvermögen, Spenden und die Gründung von Stiftungen anhand von Checklisten und Beispielen erläutert.

Heinrich Weninger: Vermögen richtig weiter-geben (3. Auflage 2015). Manz, 200 S., 34 Euro

Ökonomen versuchen unentwegt, die Krisen der modernen Wirtschaft mit Zahlen und Logik zu erfassen. Doch von Rationalität ist in diesem System keine Spur, die Mathematik daher völlig fehl am Platz. Ganz im Geiste seines Bestsellers "Die Ökonomie von Gut und Böse" kreiert der "etwas andere" Wirtschaftswissenschafter Tomáš Sedláček in diesem Buch eine neue Disziplin: Die Ökonomie-Therapie.

Dabei schlüpft er in die Rolle von Sigmund Freud und legt die Wirtschaft auf die Couch. Sein Befund: Das System ist gestört. In der Wirtschaft regieren Wahnvorstellungen, Angstpsychosen, Narzissmus, manische Depression, Realitätswahrnehmungs- und Persönlichkeitsstörungen. Beispiele aus der Mythologie und Literatur würzen die Bestandsaufnahme, lenken aber zum Teil davon ab. Die Therapie bleibt vage. Das Buch bietet jedoch eine erfrischend andere Sicht auf die Wirtschaft.

Tomáš Sedláček, Oliver Tanzer: Lilith und die Dämonen des Kapitals. Die Ökonomie auf Freuds Couch. Hanser Verlag, 352 S., 26,80 Euro

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