Wien: Keine neuen Kredite in Franken

Wien: Keine neuen Kredite in Franken
Die Stadt stoppt wegen des sehr hohen finanziellen Risikos die Aufnahme von Krediten in fremder Währung.

Die Grünen dürfen sich freuen. Als Oppositionspartei haben sie die Aufnahme von Fremdwährungskrediten kritisiert. Nun ist Schluss damit. Laut Rathaus-Finanzdirektor Richard Neidinger wird Wien auf eine Neuverschuldung in Franken verzichten.

Ganz freiwillig war diese Entscheidung wohl nicht. Für neue Kredite braucht die SPÖ die Zustimmung des Koalitionspartners. Doch die Grünen sind dazu nicht bereit. Das war wohl auch der Grund, warum die Entscheidung von einem Beamten und nicht von SPÖ-Finanzstadträtin Renate Brauner verkündet wurde.

Grünen-Finanzsprecher Martin Margulies hält den Ball flach, um die SPÖ nicht zu provozieren. Statt Jubel ist Genugtuung angesagt. "Öffentliche Gelder sind konservativ zu veranlagen", lautet seine Devise.

Wechselkurs

Gemäß Rechnungsabschluss betragen die Außenstände der Stadt in Franken derzeit rund zwei Milliarden. Wie teuer die Rückzahlung der Stadt kommt, hängt vom tagesaktuellen Wechselkurs ab . Immerhin, so Margulies, habe die Stadt "keine Hochrisikogeschäfte wie andere Städte abgeschlossen."

ÖVP-Landesparteichefin Christine Marek spricht von Heuchelei: "Die SPÖ praktiziert, was sie im politischen Tagesgeschäft vehement kritisiert." Die ÖVP wird daher versuchen, mit einer schriftlichen Anfrage Licht ins Dunkel der Fremdwährungskredite zu bringen. Eine Frage lautet: "Warum wurden Fremdwährungskredite auch noch im Jahr 2010 aufgenommen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Experten zu diesem Zeitpunkt vor der Aufnahme gewarnt hatten?"

Spekulation

Aus rein wirtschaftlicher Sicht könnte es derzeit allerdings durchaus Sinn machen, Frankenkredite aufzunehmen: "Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der Wechselkurs zwischen Euro und Franken wieder ins Gleichgewicht kommt. Die Schweiz hat ja selbst ein Interesse daran", sagt Franz Hahn vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Von einer solchen Entwicklung würde der Kreditnehmer profitieren.

Ein gewisser Unsicherheitsfaktor bleibt aber immer bestehen. Angesichts der Erfahrungen der beiden vergangenen Jahre sei es daher politisch nicht opportun, sich ausgerechnet jetzt für weitere Fremdwährungskredite zu entscheiden, sagt der Experte. "Grundsätzlich ist es zweckmäßiger, von bestimmten Finanzierungsformen die Hände zu lassen, wenn es um öffentliche Gelder geht. Eine solide Finanzierung wiegt in diesem Fall mehr, als die
möglichen Gewinne, die mit einem Risiko verbunden sind."

Anders als etwa ein Häuslbauer kann die Stadt Wien selbst entscheiden, wann sie den Kredit zurückzahlt. "Doch auch das kann eine Fallgrube sein", warnt Hahn. "Beim Warten auf den günstigsten Zeitpunkt wird dieser oft verpasst."

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