"Vermögende haben latente Angst"

Wohlhabende Österreicher sehen ihr Vermögen in Gefahr und bringen es teilweise auf legalem Weg ins Ausland.
Standort Österreich. Neben den Unsicherheiten auf den Finanzmärkten irritiert Anleger auch die heimische Politik.

Die Anleger in Österreich scheinen schwer verunsichert zu sein. Nicht nur, was den Kapitalmarkt betrifft. Sondern offensichtlich auch mit der politischen Situation im Land. Das zeigt jedenfalls eine Umfrage der Johannes Kepler Uni Linz im Auftrag der Liechtensteiner Privatbank LGT in Österreich, Schweiz und Deutschland. Demnach sind nur 27 Prozent froh, in Österreich Steuern zu zahlen (in der Schweiz sind es 58, in Deutschland 35 Prozent).

Nur sieben Prozent der befragten Österreicher sind zufrieden damit, wie im eigenen Land die Steuergelder verwendet werden. Ein extrem niedriger Mittelwert von 3.2 auf einer 10er-Skala zeigt das deutliche Misstrauen gegenüber ihrem politischen System. "Die Vermögenden haben eine latente Angst", interpretiert Dietmar Baumgartner, Co-Geschäftsführer von LGT Österreich, diese Zahlen. "Nach dem Motto: Man weiß nicht, was der Politik noch einfällt."

Ziel sei es daher, die Vermögen vor der Willkür des Staates zu schützen. "Das ha-be ich bisher in meiner Laufbahn als Banker noch nicht erlebt", sagt Baumgartner. "Legale Kapitalflucht ist aber für den Standort nicht ideal."

Cash is King

Die turbulenten Finanzmärkte verunsichern die Kunden. Im Vergleich zur letzten Umfrage vor zwei Jahren reduzierten österreichische Anleger ihre Aktien- und Anleihenquote und erhöhten ihren Barbestand und kurzlaufende Anlagen massiv. Obwohl in jedem der drei Länder ein Drittel der Befragten keine Alternativen zu Aktien in der gegenwärtigen Marktsituation sieht, ist die Aktienquote in Österreich mit 26 Prozent des zur Verfügung stehenden Vermögens geringer als in Deutschland (40 Prozent) und in der Schweiz (44 Prozent).

"Österreich hat, was Wertpapiere betrifft, ein ausbaufähiges Verständnis sowie eine historische Belastung durch die Finanzkrise", sagt der Banker zu der Entwicklung. "Noch immer werden Aktien als Spekulation und nicht als ein Investment in ein Unternehmen gesehen."

Dass ausgerechnet jetzt, wo die Geldmarktzinsen auf historischem Tiefstand sind, wieder vermehrt in Cash umgeschichtet werde, habe mit einer höheren Sensibilität im Land gegenüber politischen Krisen (wie z. B. Russland) zu tun. "Den Mut, den man vor zwei Jahren nach der Krise gesehen hat, hat sich wieder reduziert", sagt Studienleiter Teodoro Cocca.

Etwas verblüffend sind die Ergebnisse bezüglich Anleihen. Hier investieren die Österreicher 19 Prozent ihres Vermögens, Schweizer und Deutsche jedoch nur je 11 Prozent. "Anleihen werden in Österreich als sicher betrachtet", erklärt Baumgartner.

"Vermögende haben latente Angst"

Rendite

Die im Jahr 2015 von den Befragten erreichte Rendite auf ihrem Anlagevermögen lag in Österreich bei 3,1 Prozent, 2,1 Prozent waren es in der Schweiz und in Deutschland 5,2 Prozent. Mit dieser Rendite zufrieden waren nur 25 Prozent der Österreicher, aber 30 Prozent der Schweizer und 65 Prozent der Deutschen. Dabei ist laut Studie das Bedürfnis, dank der Beratung eine bessere Rendite zu erzielen, den Kunden am wichtigsten. "Beim wichtigsten Punkt werden in Österreich die Bedürfnisse am wenigsten erfüllt", sagt Cocca.

Dennoch sind drei Viertel der Österreicher mit ihrer Hauptbank zufrieden – in der Schweiz sind es jedoch 83 und in Deutschland sogar 93 Prozent. Weiter empfehlen würde sie in allen drei Ländern jedoch nur jeweils knapp die Hälfte.

Bemerkenswert: Zum ersten Mal weisen hier zu Lande Onlinbebanken mit 96 Prozent die höchste Zufriedenheitsrate auf, gefolgt von Privatbanken (90 Prozent). Rund ein Drittel kann sich vorstellen, Finanzgeschäfte und Veranlagungen unabhängig von der eigenen Bank online zu tätigen. Ein großes Potenzial, aber auch eine große Gefahr für etablierte Geldhäuser.

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