USA: "Die Reichen reicher, die Armen ärmer"

Studie zu Vermögen: In den USA besitzen die reichsten zehn Prozent drei Viertel. In Österreich gut die Hälfte.

"Bei den Einkommen wird die Kluft breiter. Bei den Vermögen entwickelt sie sich zum Canyon", kommentierte US-Starökonom Robert Reich, Ex-Minister unter Bill Clinton. Den Anstoß lieferte eine Studie, die das überparteiliche Kongress-Budgetoffice (CBO) vor wenigen Tagen veröffentlicht hat. Sie untersucht, wie sich die Vermögen der US-Bürger aufteilen. Und wie sich das von 1989 bis 2013, also während der Boom- und Krisenjahre, verändert hat.

Schieflage größer denn je

Der auffälligste Effekt: Der Reichtum ist in den USA stärker denn je bei wenigen Familien konzentriert. So verfügen die obersten zehn Prozent über durchschnittlich vier Millionen Dollar pro Familie und beanspruchen 76 Prozent des Gesamtvermögens. 1989 waren es noch 67 Prozent.

Der Vermögens-Anteil jener 40 Prozent US-Familien, die in der Mitte liegen, ist von 30 auf 23 Prozent gesunken. Und auf die untere Hälfte entfällt überhaupt nur noch ein Prozent des Kuchens – vor 24 Jahren waren es immerhin drei Prozent. "Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer", folgerte der Auftraggeber der Studie, der verhinderte Präsidentschaftskandidat und Senator Bernie Sanders.

USA: "Die Reichen reicher, die Armen ärmer"
Besonders in den Boomjahren wurde die Kluft in der US-Bevölkerung breiter. Die Krise ab 2007 hat den Vermögenszuwachs für alle eingebremst, an der Ungleichheit hat sie allerdings nichts verändert.

Gemeint sind dabei jeweils die Nettovermögen: Das umfasst alles, was einen Marktwert hat, also Bares, Aktien, Immobilien, Autos, Kunstgegenstände. Etwaige Schulden sind abgezogen. Pensionsansprüche und indirekte Finanz- und Versicherungsleistungen des Sozialstaates zählen nicht dazu – das sorgt oftmals für Kritik.

Österreich weit vorne

Steuert Österreich in dieselbe Richtung? Das lässt sich seriös nicht beantworten, weil langfristige Statistiken fehlen. Bisher gibt es nur zu 2010 und 2014 OeNB-Daten, die aber mit den USA durchaus vergleichbar sind. Demnach sind Österreichs Vermögen ebenfalls sehr ungleich verteilt (siehe Grafik oben), aber noch weniger stark als in den USA des Jahres 1989. Die zehn Prozent der reichsten Haushalte verfügen bei uns über 56 Prozent des Vermögens.

Was aber tendenziell untertrieben ist: Milliardäre nehmen selten an Umfragen teil. Die CBO-Studie bezieht deshalb die Forbes-Reichen-Listen mit ein und kommt so auf 37 Prozent Anteil für das reichste Prozent in den USA. Ähnliche Schätzungen hat EZB-Ökonom Philip Vermeulen im Mai für acht Länder Europas angestellt. An der Spitze: Österreich, wo das reichste Prozent der Haushalte über 31 bis 34 Prozent der Vermögen verfügt. In Deutschland sind es maximal 31 Prozent, in Finnland und den Niederlanden 17 Prozent.

Es ist, wie es ist, da gibt es wenig zu deuteln: Die Vermögen sind in vielen wohlhabenden Ländern sehr ungleich verteilt. Bis zu einem gewissen Maß ist das wohl unvermeidlich und leistungsgerecht. Wird die Schieflage aber (wie in den USA) beständig größer, muss man ganz sachlich die Frage stellen: Ab wann wird es bedenklich?

Wer das tut, dem wird gerne vorgeworfen, Neidgefühle zu schüren. Das ist in Wahrheit aber eine Arroganzdebatte. Denn natürlich hat die Ungleichheit Folgen: sozial, demokratiepolitisch, ökonomisch. Und zwar auch für die Gesamtwirtschaft. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ein einzelner Mensch eine Milliarde Dollar zum Ausgeben hat oder aber eine Million Menschen jeweils 1000 Dollar. Oder glauben Sie, dass in beiden Fällen die Konsum- und Investitionsentscheidungen gleich ausfallen?

Was an den USA besonders sprachlos macht, ist allerdings das politische Paradox: Warum wählt sich ein Großteil der Unzufriedenen ausgerechnet Donald Trump zum Sprachrohr? Er steht wie kein anderer für eine arrogante Politik im Dienste der Superreichen.

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