Unversteuertes Geschäft mit Gästebetten

Bisher gab es Unterkünfte von Airbnb vor allem in Städten. Jetzt steigt die Zahl der Betten in den Bergen
Über Online-Plattformen wird viel an der Finanz vorbei vermietet. Allein neun Millionen Euro an Steuern sollen fehlen.

Neuerdings soll alles geteilt werden. Vom Auto bis zum Wohnzimmer, so der Grundgedanke der Sharing-Economy. Was von vielen als sozialromantisch belächelt wurde, ist zum Riesengeschäft geworden. Zimmervermittlungsplattformen wie Airbnb werden mit 24 Mrd. US-Dollar bewertet, obwohl sie selbst gar keine Hotels besitzen, sondern nur Unterkünfte vermitteln. Und das zum Teil an der Steuer vorbei, so der Vorwurf in vielen Ländern rund um den Globus.

Der Tiroler Tourismusberater Prodinger|GFB legt nun erstmals konkrete Zahlen für Österreich vor. „Laut unseren Hochrechnungen entgehen dem Staat mehr als 9 Millionen Euro an Mehrwertsteuer“, sagt Thomas Reisenzahn, Geschäftsführer von Prodinger|GFB. Weiters werden 4,5 Millionen Euro an Orts- und Kurtaxen an den Tourismusverbänden vorbeigeschummelt, schätzt er.

Im Fall von Airbnb bekommt man bei der Buchung eine Rechnung aus Irland, von wo aus der US-Konzern steuerschonend Zimmer in Europa vermittelt. Für die Unterkunft verrechnet Airbnb keine Mehrwertsteuer – mit Verweis darauf, dass sich Gastgeber selbst um die Versteuerung ihrer Einkünfte kümmern müssen. „Wir können das schon allein wegen der Komplexität nicht. Wir haben 1,5 Millionen Unterkünfte auf der Plattform, vom Hausboot bis zum Schloss, vom Rentner, der seine Villa vermietet, bis zum Studenten, der ein Zimmer anbietet“, stellt Airbnb-Sprecher Julian Trautwein klar. Die Anschuldigung, dass Airbnb-Vermieter oft an der Steuer vorbei verdienen, weist Trautwein entschieden zurück. "Unsere Gastgeber zahlen Steuern."

Für die Finanz ist dieser Angebots-Dschungel das große Problem. Die Beamten finden nicht so einfach heraus, wer hinter den Angeboten steht. Kontaktdaten werden erst bei der Buchung freigeschaltet. Und selbst wenn der Vermieter bekannt ist, ist fraglich, ob er seine Einkünfte ehrlich offenlegt.

Das Finanzministerium gibt sich aber nicht geschlagen. „Anfang 2015 haben wir bei den Konzernzentralen der Plattformen Amtshilfeansuchen gestellt, um Informationen über die Vermieter zu bekommen“, erklärt ein Sprecher. Es könnte also sein, dass Vermieter in den nächsten Monaten um Auskünfte gefragt werden.

Auf kommunaler Ebene lenkt Airbnb vielerorts – etwa in Paris oder London – ein und hebt Übernachtungssteuern ein, die an örtliche Behörden weiterleitet werden.

Airbnb zieht es in die Berge

Die Zahl der Airbnb-Unterkünfte steigt rasant. Daran ändert auch ein OGH-Urteil von Juli 2014 nichts. Dieses schreibt Wohnungseigentümern vor, dass sie ihre Bleibe nur vermieten dürfen, wenn alle Eigentümern des Hauses der Vermietung zustimmen. „Anfang Juni hatten wir österreichweit 8400 Angebote, ein Plus von 80 Prozent binnen Jahresfrist“, sagt Trautwein. Besonders in den Tiroler Bergen nimmt das Angebot zu. Laut den Recherchen von Prodinger|GFB werden allein in den zwölf stärksten Tourismusgemeinden Tirols mehr als 300 Unterkünfte auf Airbnb angeboten. Dazu kommen die Konkurrenzplattformen 9flats (38) und Wimdu (knapp 400). Allein in Kitzbühel waren im Februar 67 Unterkünfte über Airbnb abrufbar. Im gesamten Bundesland Tirol liegt die Zahl bei rund 2000.

Nach den Berechnungen von Prodinger|GFB setzen Plattformen wie Airbnb allein in Tirol 20,51 Millionen Euro um. „Unter der Annahme, dass die Preise und die Auslastung gleich bleiben, würden bei einer 13-prozentigen Besteuerung fast 2,36 Millionen Euro an Umsatzsteuer anfallen“, so Reisenzahn. Er schätzt, dass 80 Prozent davon derzeit nicht bezahlt werden.

Wir haben in Wien keinen Bettennotstand. Eher das Gegenteil“, sagt Andrea Feldbacher, Hotellerie-Obfrau in der Wiener Wirtschaftskammer. Umso härter trifft die Branche daher die Beliebtheit von Privatvermietern wie Airbnb. Rund 5000 Wohnungen sollen derzeit in der Bundeshauptstadt über private Online-Plattformen vermietet werden. Damit hat sich die Zahl im vergangenen Jahr verdreifacht. Um den Umgang mit der boomenden Sharing Economy zu besprechen, trafen am Dienstag die Sozialpartner und Vertreter der Stadt im Rathaus. Es braucht Maßnahmen. So gilt es beispielsweise dafür zu sorgen, dass auch private Vermieter die Ortstaxe abführen.

In anderen Ländern werden Privatanbieter zum Teil bereits stark eingeschränkt – In Paris gibt es unangekündigte Hausbesuche, in Barcelona Strafen bis zu 30.000 Euro. In Wien wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die bis Jahresende ein Konzept mit Lösungsvorschlägen erarbeiten wird. MA-23-Leiter Klemens Himpele: „Wir erleben gerade die komplette Veränderung der Wertschöpfungskette. Es gibt kein Role Model, das wir kopieren können. Wir müssen eine Lösung finden, die zu Wien passt.

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