Von der Lassallestraße ins Silicon Valley

Verlässt die Telekom Austria Group: Günther Ottendorfer.
Telekom-Austria-Technikchef Ottendorfer geht, América Móvil hat nun endgültig die Kontrolle übernommen.

Vor drei Tagen noch referierte er als oberster Technikchef der Telekom Austria Group auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona über die "Pan-Europäische Cloud". Er sprach darüber, wie eine künftige Netzinfrastruktur aussehen könnte. Seit Donnerstagnachmittag ist Günther Ottendorfer bei der Telekom Austria Geschichte. Er wurde mit "sofortiger Wirkung" als Chief Technical Officer (CTO) der TA-Gruppe aus dem Vorstand abberufen und wird mit Ende März das Unternehmen verlassen. "Ich bin noch bis Ende des Monats im Büro", so Ottendorfer im Interview mit dem KURIER. "Es wird eine geordnete Übergabe geben, die mit meinem Nachfolger auch gut klappen wird."

Argentinier

Ottendorfer musste seinen Vorstandssessel dem neuen Chief Operating Officer (COO), dem Argentinier Alejandro Plater, überlassen, der vom TA-Mehrheitseigentümer América Móvil installiert wurde. Es ist auch ein Zeichen, dass der mexikanische Konzern nun endgültig die Kontrolle über die TA Group übernommen hat.

América Móvil hält 59,7 Prozent der Telekom-Aktien, die Republik Österreich über die Verstaatlichtenholding ÖIAG 28,42 Prozent. 11,88 Prozent der TA-Papiere befinden sich im Streubesitz. Konzernchef Hannes Ametsreiter hat mit Finanzvorstand Siegfried Mayrhofer zwar noch einen Österreicher im Vorstand sitzen, allerdings läuft dessen Vertrag Ende Mai aus. Ob er verlängert wird, ist offen. Wie das Beispiel Ottendorfer zeigt, kommt es nicht auf die Leistung, sondern auf die mexikanische Kontrolle an.

"Freilich bin ich traurig, weil ich das Potenzial in der Telekom Austria Gruppe sehe und weil ich stolz auf das bin, was ich in den vergangenen eineinhalb Jahren geschafft habe", sagt Ottendorfer, der Freitagfrüh seine Mitarbeiter um sich versammelt und sie persönlich informiert hat. "Ich habe die Zusammenarbeit mit dem Technik-Team sehr genossen, weil wir viel erreicht haben. Ich wäre gerne beim Glasfaser-Roll-out dabei gewesen, beim Ausbau der nächsten Mobilfunkgeneration LTE und hätte auch gerne die Machine2Machine-Revolution miterlebt. Aber ich schaue nach vorne."

Angebot abgelehnt

Per 1. September 2013 war Ottendorfer von ÖIAG-Chef Rudolf Kemler (damals war die ÖIAG noch Hauptaktionär) als CTO installiert worden. Der Vertrag wurde damals auf drei Jahre mit der Verlängerungsoption von weiteren zwei Jahren abgeschlossen. Das Angebot von América Móvil, in einer anderen Rolle weiter im Unternehmen zu bleiben, wollte er nicht annehmen. Verständlich, denn mit Ottendorfer muss einer der angesehensten Technikvorstände der Welt gehen. Der gebürtige Wiener (47) genießt einen Top-Ruf in der Telekombranche, der weit über die Grenzen Österreichs hinausgeht. Beim Mobile World Congress stand er mit drei weiteren Kandidaten auf der Shortlist für den "Mobile CTO of the Year", gilt also einer der weltweit besten Technikchefs.

Die Jahre vor der TA arbeitete Ottendorfer nicht nur bei T-Mobile, sondern war auch im Gründungsteam von max.mobil, das im Jahr 2000 von T-Mobile vollständig übernommen wurde. Vor seinem Wechsel in die TA Group arbeitete er fast sieben Jahre in Deutschland und danach in Sydney, wo er Vorstandsmitglied von Optus Singtel war, dem zweitgrößten Telekommunikationsanbieter Australiens.

Neue Job-Angebote habe er noch keine. "Ich konzentriere mich derzeit auf die Übergabe. Ich werde vorerst auch in Österreich bleiben, weil meine Tochter hier die Matura macht und meine Frau ist bei time4africa engagiert", so Ottendorfer. Ein Cross-Culture-Couture-Projekt, aus afrikanischen Stoffen werden Dirndln gefertigt. "Ich kann mir sehr gut vorstellen, wieder im Ausland zu arbeiten. Ich habe Ideen und Freunde, die mich inspirieren, und ich weiß schon, wohin es mich treiben könnte."

2016 will er wieder ins Ausland gehen, höchstwahrscheinlich ins Silicon Valley. In welcher Funktion, weiß er noch nicht. "In Australien wurde ich seinerzeit als ,Chief-Nerd‘ bezeichnet, weil ich verspielt bin und Gadgets liebe, daraus wird sich etwas ergeben", ist Ottendorfer überzeugt. Bei seiner Abschiedsrede am Donnerstag in der Vorstandssitzung blickte Ottendorfer optimistisch in die Zukunft: "Es ist nicht nur ein Anfang für meinen Nachfolger Alejandro Plater und für die Telekom Austria Group, es ist auch einer für mich."

Recht auf Vorstände: América Móvil

Der mexikanische Mobilfunkriese América Móvil ist seit dem Vorjahr mit knapp 60 Prozent an der Telekom Austria beteiligt. Die ÖIAG, die bald in die ÖBIB umgewandelt wird, hat mit dem Konzern des Milliardärs Carlos Slim vergangenen April einen Syndikatsvertrag geschlossen. Laut dem entsprechenden Vertrag hat América Móvil das Recht, Kandidaten für zwei der insgesamt drei Vorstandsposten zu nominieren. Das Vorschlagsrecht für den Konzernboss liegt weiterhin bei der österreichischen Staatsholding.

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