Südtirol will sich von Rom freikaufen

Südtirol will sich von Rom freikaufen
Südtirol will einen drohenden Bankrott Italiens nutzen und sich von Rom die Vollautonomie erkaufen.

Raus aus dem Saftladen" - Das ist es was Thomas Widmann, Vizeobmann der Südtiroler Volkspartei (SVP) will. Gemeint ist die Vollautonomie Südtirols, beim Staat sollen nur mehr Kernkompetenzen wie Währungs- und Außenpolitik bleiben. Und für Wittmann ist jetzt die Gunst der Stunde gekommen. Der Landesrat will den drohenden italienischen Staatsbankrott nutzen und Rom die Vollautonomie "abkaufen". Der Moment sei günstig, Zuständigkeiten wie Steuerhoheit, Gerichtsbarkeit und Landespolizei zu übernehmen: "Wir rechnen aus, was diese Dienste kosten, und legen auf zehn Jahre noch etwas drauf: Dann aber sind wir raus aus diesem Saftladen", zitierte die Südtiroler Tageszeitung Dolomiten den Vizeobmann in ihrer Samstagsausgabe.

Südtirol will mit diesem Schritt die "Flucht nach vorne" antreten. Das Land will raus aus seiner Rolle als Zahlmeister: Mit dem Mailänder Abkommen verzichtete Südtirol laut Widmann auf 500 Mio. Euro. Jetzt werde es im Stabilitätspakt erneut mit 280 Mio. Euro zur Kasse gebeten. "Wenn wir aber drei Jahre so weiterzahlen, ist Südtirol nicht mehr handlungsfähig", argumentierte Widmann. Trotzdem sei die Wirkung des römischen Sparpakets von 60 Mrd. Euro aber "gleich null". Da Italiens Kreditwürdigkeit herabgestuft wurde, muss Rom für seine Staatsanleihen 50 Mrd. Euro mehr an Zinsen zahlen. "Italien ist also vom Bankrott nicht einen Millimeter weniger weit entfernt als zuvor", betonte Widmann.

Bei Sanität und Personal gebe es unbestreitbare Kostensteigerungen im Landeshaushalt. Auf kurz oder lang fehle Südtirol das Geld für sozialen Ausgleich, Wirtschaft und viele andere steuernde Maßnahmen.

"Politiker - Es reicht"

Die öffentliche Kritik prominenter Italiener an den politischen Verhältnissen im wirtschaftlich angeschlagenen Italien reißt nicht ab. Am Samstag schaltete der Chef der Luxus-Schuhmarke Tod's , Diego Della Valle, eine ganzseitige Anzeige in den großen Zeitungen des Landes mit der Überschrift: "Politiker - Es reicht".

Die Politiker sollten endlich aufwachen und erkennen, dass viele Landsleute ihnen nicht mehr vertrauten oder sie überhaupt noch achteten. Viele Italiener wollten nicht mehr von einer politischen Klasse vertreten werden, die mit wenigen Ausnahmen realitätsfremd sei und nicht mehr wisse, was die Menschen wirklich bräuchten, hieß es im Anzeigentext. Stattdessen hätten die Politiker nur noch ihre persönlichen Interessen oder die ihrer Partei im Sinn. Das schade aber dem Ruf Italiens und treibe das Land in den Ruin.

Arbeitgeberverband

In der Bevölkerung und auch in den Chefetagen der Wirtschaft wurde in den vergangenen Wochen die Kritik an Ministerpräsident Silvio Berlusconi und seine Mitte-Rechts-Regierung immer lauter. Die Kritiker halten der Regierung vor, unzureichend auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zu reagieren. Unter anderem der Arbeitgeberverband Confindustria hat von der Regierung mehr Engagement verlangt. "Wir haben die Nase voll, eine internationale Lachnummer zu sein", hatte etwa Confindustria-Präsidentin Emma Marcegaglia erklärt.

Am Freitag drohte der Verband, aus den Gesprächen mit der Regierung über die Bewältigung der Krise auszusteigen, wenn nicht umgehend Schritte zur Ankurbelung der Wirtschaft, eine Steuerreform und die Begrenzung der Pensionen und öffentlichen Ausgaben in Angriff genommen würden. Gegen Berlusconi selbst laufen vier Prozesse, unter anderem wegen Korruption und wegen Sexaffären.

Vergangenen Montag hatte der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz die politische Kaste wegen ihrer Moral angegriffen und ein reinigendes Gewitter gefordert. Wenige Tage zuvor hatte Papst Benedikt XVI. in einem Telegramm an Staatspräsident Giorgio Napolitano zu einer moralischen Erneuerung in Italien aufgerufen.

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