Pesendorfer: Österreich ist noch weit weg von Deflation

Pesendorfer: Österreich ist noch weit weg von Deflation
Der Statistik-Chef kritisiert "hausgemachte" Teuerung. Rot-Weiß-Rote Sonderstellung vor allem bei Mieten.

Österreich hat innerhalb des Euroraums die höchste Teuerungsrate (mehr dazu siehe unten). Während der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) hierzulande im Jahr 2014 bei 1,5 Prozent lag, betrug er in der Eurozone (voraussichtlich) 0,4 Prozent. "Wir sind noch nicht dort, dass wir in Österreich von Deflation sprechen müssen. In Europa sehr wohl", sagte Statistik Austria-Chef Konrad Pesendorfer am Freitag.

Auch wenn Österreich von den Entwicklungen im Euroraum nicht isoliert sei, sei man "noch relativ weit weg von einer Minusinflation", so Pesendorfer bei der Präsentation der Jahresinflationsrate für 2014. Sprich der Gefahr, dass die Preise sinken und Menschen in der Hoffnung, dass sie weiter sinken, Investitionen und Ausgaben vorerst aufschieben. Für Pesendorfer ist eine Diskussion, wie man ein Abrutschen in die Deflation verhindern kann, viel wichtiger als die Sorge vor einer Inflation.

"Hausgemacht"

Dass die Preise hierzulande stärker steigen als in den anderen Ländern der Eurozone, sei zum Teil auch "hausgemacht", meinte der Statistik-Chef. Eine (negative) Sonderstellung nimmt Österreich etwa bei der Mietpreisentwicklung ein. Es sei "international eher unüblich", die Mieten an die Inflation anzupassen, wodurch sie von Jahr zu Jahr steigen, sagte Pesendorfer.

"Mietervolk"

Noch dazu sei Österreich ein starkes "Mietervolk". Die hohe Nachfrage ermögliche auch höhere Preise. In jedem Monat im Jahr 2014 lagen die Mietpreise in Österreich mit Steigerungen von bis zu 5 Prozent deutlich über jenen im Euroraum (1,3 bis 1,4 Prozent) oder in Deutschland (1,5 Prozent). Deutschland verfügt wie Österreich über einen hohen Mietenanteil, das mache die Länder vergleichbar, erläuterte Pesendorfer.

Aber auch überdurchschnittliche Preissteigerungen für Freizeit-und Kulturangebote oder die im Vorjahr eingeführte motorbezogene Versicherungssteuer führten zu einer im Eurozonen-Vergleich hohen Teuerungsrate. Bei den Mobilfunkkosten sei es zu Preissteigerungen gekommen, was aber ein Aufholen auf internationales Preisniveau gewesen sei. Der Rückgang bei den Energiepreisen wiederum war hierzulande nicht so stark wie in der Eurozone gesamt.

Russland-Sanktionen

Nahrungsmittel sind in Österreich im Schnitt stärker gestiegen als im Euroraum, wenngleich sich die Dynamik im Jahresverlauf abschwächte. Von Mai bis September sanken die Preise für Nahrungsmittel im Euroraum sogar um bis zu 1,1 Prozent, was Pesendorfer zum Teil auch auf die Russland-Sanktionen zurückführt - vor allem Deutschland sei davon betroffen gewesen.

Die Inflationsrate ist in Österreich im Dezember dank des Ölpreisrückgangs auf 1,0 Prozent gesunken, nach noch 1,7 Prozent im November. Es ist das die geringste Teuerung seit Februar 2010. Ohne Öl- und Spritpreisrutsch hätte die Inflation freilich 1,6 Prozent betragen, wie die Statistik Austria am Freitag erklärte. Im Gesamtjahr 2014 betrug die Inflationsrate 1,7 Prozent, nach 2,0 Prozent 2013.

Der für die Eurozone errechnete Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) Österreichs sank im Dezember auf 0,8 Prozent - im November hatte die Teuerung im Jahresabstand noch 1,5 Prozent betragen. Der meist über dem allgemeinen VPI liegende Preisanstieg beim Pensionisten-Warenkorb betrug im Dezember 1,2 Prozent, nach 1,7 Prozent im November. Im Monatsabstand, von November auf Dezember, blieb das allgemeine Preisniveau (VPI) und jenes gemäß HVPI unverändert, beim Pensionisten-Preisindex gab es einen Rückgang um 0,1 Prozent.

Restaurants und Hotels als Haupttreiber

Pesendorfer: Österreich ist noch weit weg von Deflation
1. Wohnrecht: Knapp ein Viertel der Beratungen österreichweit bezogen sich auf Wohnfragen – Wohnberatungen machten in Wien sogar knapp ein Drittel aus.
Haupttreiber im Dezember waren im Jahresabstand "Restaurants und Hotels" mit im Schnitt 2,7 Prozent Preisanstieg. Bei "Wohnung, Wasser, Energie" dämpfte sich das Plus auf 1,0 Prozent ab - nach 1,6 Prozent Jahres-Anstieg im November -, weil die 5,1-prozentige Verteuerung der Mieten durch Haushaltsenergie-Verbilligungen von 2,9 Prozent kompensiert wurde (Heizöl -19,8 Prozent, Strom -0,9 Prozent, Gas +0,6 Prozent, Fernwärme +5,7 Prozent).

"Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke" waren im Dezember ebenfalls "nur" um 1,0 Prozent teurer als ein Jahr davor (November-Rate 1,5 Prozent), Nahrungsmittel allein legten 0,7 Prozent zu (Brot/Getreideerzeugnisse +2,2 Prozent, Milch/Käse/Eier +1,6 Prozent, Fleisch +0,7 Prozent, Obst -0,5 Prozent). Alkoholfreie Getränke verteuerten sich im Schnitt um 3,1 Prozent, etwa Bohnenkaffee um 9,3 Prozent.

Pesendorfer: Österreich ist noch weit weg von Deflation
Um 1,6 Prozent markant rückläufig waren die Preise der Ausgabengruppe "Verkehr" infolge der Sprit-Verbilligung von 11,2 Prozent binnen Jahresfrist; im November war Verkehr im Jahresabstand noch 0,4 Prozent kostspieliger gewesen. Heizöl kam im Dezember 19,8 Prozent günstiger als ein Jahr davor. "Bekleidung und Schuhe" verbilligten sich um 1,8 Prozent, dabei Bekleidungsartikel um 2,5 Prozent.

Im Monatsabstand - von Dezember auf November - war ebenfalls der Sektor Verkehr mit -1,3 Prozent der Hauptpreisdämpfer, Sprit verbilligte sich in der kurzen Zeit um 6,5 Prozent. Haupttreiber waren mit +1,9 Prozent Restaurants und Hotels, saisonal wurden Beherbergungsdienstleistungen 11,6 Prozent teurer.

Mikro- und Miniwarenkorb

Der "Mikrowarenkorb", der vor allem Nahrungsmittel enthält und den typischen täglichen Einkauf widerspiegelt, kostete im Dezember im Jahresabstand um 0,8 Prozent mehr (November +1,3 Prozent). Der "Miniwarenkorb" für den wöchentlichen Einkauf (neben Nahrungsmitteln und Dienstleistungen auch Sprit) kam im Jahresabstand um 1,2 Prozent billiger (November +0,6 Prozent).

Pesendorfer: Österreich ist noch weit weg von Deflation
Schlank ohne Diät (Rudolf Schoberberger, Ingrid Kiefer, Michael Kunze): Bei dieser Mischkostdiät gibt es keine Verbote. Stattdessen liegt das Augenmerk auf einem flexiblen Umgang mit Lebensmitteln. Der Ratgeber bietet praktische Tipps, mit denen das Essverhalten und die Lebensgewohnheiten verändert werden können. VKI-Bewertung: Sehr gut.
Die Teuerungsrate von 1,7 Prozent im Gesamtjahr 2014 war laut Statistik Austria die bisher viertniedrigste in diesem Jahrestausend, noch tiefer lag sie lediglich 2009 (+0,5 Prozent), 2006 (+1,5 Prozent) und 2003 (+1,3 Prozent). Zudem war die Inflation in Österreich voriges Jahr auch geringer als in den drei vorhergehenden Jahren 2013 (+2,0 Prozent), 2012 (+2,4 Prozent) und 2011 (+3,3 Prozent).

Im Jahresverlauf 2014 ging die Teuerung von 1,6 Prozent im Jänner auf 1,5 Prozent im Februar zurück, um danach kontinuierlich bis Juni auf den Jahreshöchstwert von 1,9 Prozent anzusteigen. Danach sank sie im September und Oktober bis auf 1,6 Prozent.

Pesendorfer: Österreich ist noch weit weg von Deflation
Entwicklung jährliche Inflationsrate und Mikrowarenkorb 2001-2014 - Kurvengrafik; ausgewählte Preistreiber und -senker - Tabelle Grafik 0071-15-Inflation.ai, Format 88 x 98 mm

Stärkste Preisschübe

Die stärksten Preisschübe kamen 2014 von Wohnen, Bewirtungsdienstleistungen und Nahrungsmitteln, während es bei Sprit die deutlichsten Preisrückgänge gab. "Wohnung, Wasser, Energie" übte mit im Schnitt +1,6 Prozent Verteuerung den massivsten Einfluss auf den VPI nach oben aus (rein rechnerisch +0,30 Prozentpunkte); dabei stachen vor allem die um 4,0 Prozent teureren Mieten ins Auge.

Zweitstärkster Preistreiber waren 2014 Restaurants und Hotels mit im Schnitt 2,9 Prozent (Einfluss auf den VPI +0,25 Prozentpunkte); Bewirtungsdienstleistungen verteuerten sich dabei um 2,9 Prozent (Einfluss +0,21 Prozentpunkte), Beherbergungsdienstleistungen um 3,3 Prozent (+0,04 %-Punkte).

Drittstärkster Preistreiber war der Bereich "Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke" mit 2,0 Prozent Teuerung im Gesamtjahr (Einfluss +0,24 Prozentpunkte); dazu trugen fast ausschließlich Nahrungsmittel bei, deren Preise um 2,1 Prozent anzogen (+0,22 Prozentpunkte).

Der Sektor "Verkehr" stellte sich - dank der Öl- und Spritverbilligungen im zweiten Halbjahr - über das gesamte Jahr gesehen fast preisstabil dar (im Schnitt +0,2 Prozent, dabei Sprit -4,0 Prozent; zum Vergleich: Heizöl -6,0 Prozent).

Kommentare