Schweiz verleiht Steuer-Flügel

Schweiz verleiht Steuer-Flügel
Die österreichische Finanz verwehrte dem Extremsportler Steuerprivilegien. Zu Unrecht, wie ein Steuerexperte meint.

Felix Baumgartner ist zwar einer der bekanntesten Österreicher, lebt aber in der Schweiz. Weil er dort weniger Steuern zahlt, wie er selbst zugibt. Das Steuerparadies Thurgau lockt vermögende Ausländer mit besonders niedrigen Steuersätzen von rund 20 Prozent.

20 Prozent? In Österreich müsste Baumgartner gerade einmal 17 Prozent seiner Einkünfte an die Finanz abliefern – wenn ihn diese als Sportler anerkennen würde. Tut sie aber nicht. Baumgartner ist zwar unbestritten Extremsportler, aber kein Sportler im Sinne der Sportler-Verordnung im Einkommensteuergesetz. Dafür müsste er "überwiegend Einkünfte aus Sportveranstaltungen (Turniere, Wettkämpfe) im Ausland" haben. Das Steuerprivileg für Spitzensportler wurde ihm daher verweigert. Baumgartner zog die Konsequenzen und verlegte seinen Wohnsitz in die Schweiz.

Weil Spitzensportler überwiegend im Ausland tätig sind und Doppelbesteuerungen von Preis- und Werbegeldern vermieden werden sollen, bleiben zwei Drittel ihrer Einkünfte in der Heimat unversteuert. Dieses Steuerprivileg fußt auf einer Verordnung von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser aus dem Jahre 2000 und hatte zum Ziel, heimische Sportgrößen nicht in Steueroasen wie Monte Carlo zu vertreiben.

Sport-Pionier

Dass Felix Baumgartner von der Finanz anders behandelt wird wie etwa Hermann Maier, sorgt für Diskussionen. Für den prominenten Finanzrechts­experten Werner Doralt ist die Sache klar: "Fallschirmspringen ist eindeutig eine Sportart, Baumgartner ist als Spitzensportler eben ein Pionier." Wie extrem eine Sportart ist, könne kein Maßstab für die Sportlerpauschalierung sein. Steuerexperte Andreas Auer von Deloitte spricht von einem "Zweifelsfall". Es müsse jedenfalls geklärt werden, ob auch Extremsportveranstaltungen Wettbewerbe oder Turniere sind.

Im Finanzministerium gibt es zu Einzelfällen "grundsätzlich keine Auskunft". Dem Vernehmen nach soll aber die Entscheidung gegen das Steuerprivileg auf höchster Ebene gefallen sein.

Steuerprivilegien sind derzeit wenig populär und der Sportler-Erlass aus dem Jahre 2000 ist politisch umstritten. Schon Anfang des Jahres setzten sich vor allem SPÖ und Grüne im Zuge der Budgetsanierung für Änderungen ein. Bisher geschah aber nichts. Experte Doralt fordert, dass die überwiegend im Inland erzielten Werbeeinnahmen aus der günstigen Versteuerung herausgenommen werden. "Diese Regelung ist gleichheitswidrig."

Seine Karriere als Ex­tremsportler hat Felix Baumgartner ja offiziell beendet – da trifft es sich gut, dass es in Arbon keine hohen Gebäude oder Berge gibt, von denen er herunterspringen könnte; einzige Attraktion ist die "Badi", das Freibad, mit Rutsche und Zehn-Meter-Sprungturm. Zu niedrig für einen Basejump.

Arbon in der Schweiz. Knapp 14.000 Einwohner leben hier am Südufer des Bodensees. Seit dem Frühjahr 2012 hat auch der gebürtige Salzburger Felix Baumgartner in Arbon eine neue Heimat gefunden. "Was für ein schöner Platz", schwärmte er auf Facebook und stellte Fotos von Arbon ins Netz. Angetan war der 43-Jährige auch vom römischen Namen der Stadt: Arbor Felix, glücklicher Baum. Eine glückliche Verbindung zu seinem Vornamen. Sein Haus in Eugendorf bei Salzburg hat er angeblich seinen Eltern überschrieben.

"Ich frage mich schon: Warum ausgerechnet Arbon?", sagt Max Eichenberger, Redakteur bei der Thurgauer Zeitung, der in Baumgartners Umfeld recherchierte. Fakt ist: Arbon ist nahe zu Österreich –, aber steuerlich doch weit genug entfernt. Warum die Wahl auf Arbon fiel, könnte aber auch mit Baumgartners Freundin Nicole Öttl zu tun haben: Der Vater der Ex-Miss hat berufliche Verbindungen zu Arbon, er ist bei einer ortsansässigen Firma zeichnungsberechtigt. Und so prangt seit Frühling 2012 an einem Haus in der Bahnhofstraße, nur 50 Meter vom See entfernt, ein Schild mit dem Namen Felix Baumgartner. "Es ist ein eher unscheinbares Haus, in dem Baumgartner die Wohnung im ersten Stock bezogen hat", sagt Eichenberger.

Stammlokal

Dass es sich hierbei nicht nur um eine Briefkasten-Adresse handelt, sondern Felix Baumgartner (auch) dort wohnt, zeigen die Recherchen des KURIER.

Im Fitnesscenter Update im Amriswil, zehn Autominuten von Arbon, habe sich Baumgartner auf seinen Rekordsprung vorbereitet, erzählt eine Mitarbeiterin. "Er hat fleißig trainiert." Ihm zu Ehren habe man ein Glückwunsch-Plakat aufgehängt.

Im Hotelrestaurant Wunderbar am See ist Baumgartner laut Bar-Personal Stammgast; am liebsten würde er auf Cappuccino und Kuchen vorbeischauen.

Offenbar gesünder ernährt sich Baumgartner im spanischen Restaurant El Asturiana in der Altstadt. "Er liebt unsere Käseplatte mit Olivenöl", berichtet Inhaber Juan Roz. Der Spanier und der Salzburger waren auch gemeinsam im Bodensee baden und (Gummi-)Boot fahren. "Vom 10-Meter-Turm ist er aber nicht gesprungen. Da hat er lieber meinem Sohn zugeschaut."

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