Rechnungshof-Prüfer rücken an

Großbaustelle Krankenhaus Nord
Kostenexplosion und Bauverzögerung: Kommende Woche beginnen die Kontrollore mit der Einschau vor Ort.

Das Krankenhaus Nord, Wiens Prestige-Spital, wird den Rechnungshof gut auslasten. Alarmiert durch Kostenüberschreitungen und Zeitverzögerungen hatte die Wiener FPÖ wie berichtet Ende Jänner ein 13-seitiges Prüfansuchen eingebracht. Sehr zum Missfallen der Rathaus-SPÖ und des Bauherren, des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV).

Ursprünglich wurde der Bau des „Spitals des 21. Jahrhunderts“ mit 800 Betten, für 250.000 Ambulanzbesuche und 17.000 Operationen im Jahr mit 605 Millionen Euro budgetiert und der Vollbetrieb für 2016 angekündigt.

Zuletzt rechnete der KAV mit der Fertigstellung Ende 2017 und rund einer Milliarde Euro Kosten. Insider und Experten allerdings befürchten, dass Wiens neues „Wohlfühlspital“ erst 2020 in den Vollbetrieb geht und die Steuerzahler bis zu 1,5 Milliarden Euro kosten wird.

Rechnungshof reagiert rasch

Der Rechnungshof ließ nicht lange auf sich warten. Am vergangenen Montag fand die Antrittsbesprechung statt. Kommende Woche werden die Prüfer auf der Baustelle und beim KAV anrücken und mit der „Einschau vor Ort“ beginnen. Wegen der Größe des Projektes und dem umfangreichen Prüfauftrag wird mit der Fertigstellung des Endberichtes nicht vor Mai 2017 gerechnet.

Gesamte Großprojekt wird aufgerollt

Die FPÖ hat in ihrem Prüfansuchen insgesamt 15 Schwerpunkte aufgelistet. Die Kontrollore des Rechnungshofes müssen de facto das gesamte Bauprojekt aufrollen, beginnend mit der Ausschreibung.

Ursprünglich verlangte der KAV von den Bietern auch die Bereitstellung eines passenden Grundstücks. Die Blauen wollen vom Rechnungshof wissen, ob solche Ausschreibungsmodalitäten üblich sind. Wer hat schon ein Grundstück anzubieten, wenn er ein Krankenhaus bauen will.

Das Projekt war als Public-Private-Partnership Modell mit einer laufenden Miete für die Nutzung von Gebäude und Grundstück geplant. Weil man sich mit der einzigen Bietergemeinschaft, einem Konsortium aus Siemens, Vamed und Porr, nicht auf einen Fixpreis einigte, übernahm der KAV das Monsterprojekt selbst. Das Konsortium wäre für alle Baukosten- und Zeitüberschreitungen verantwortlich gewesen.

Der Rechnungshof soll klären, ob das überhaupt zulässig war und ob der KAV, der null Bau-Erfahrung hat, das Projekt überhaupt selbst abwickeln durfte. Großbaustellen sind heutzutage grundsätzlich schwer zu managen und ein Krankenhaus-Projekt ist an Komplexität kaum zu überbieten.

Pech- und Pannenserie

Der KAV traute sich die Monsteraufgabe tatsächlich zu. Damit begann die Pech- und Pannenserie. Die Planung (65.000 Pläne) lief völlig aus dem Ruder, die Baustelle war kaum noch unter Kontrolle zu bringen. Die Statiker verrechneten sich, die Fassadenfirma ging pleite, die Haustechnik-Unternehmen schlugen Alarm, weil sich die Planungen um mehr als sechs Monate verzögerten und forderten, das gesamte Projekt neu auszurichten. Und die Verantwortlichen im KAV verabschiedeten sich.

Die Haustechnik-Firmen, die auch schon beim Skylink-Desaster des Wiener Flughafens an Bord waren, nutzten die Chance für „Claim-Management“ (Nachforderungen an den Bauherrn) und holten sich nachträglich 30 Millionen Euro Körberlgeld.

Der Rechnungshof soll nun klären, ob 2013 nicht sofort ein Baustopp hätte verhängt werden müssen und welche zusätzlichen Kosten dadurch entstanden sind. Wer war für Bau- und Planungsmängel, Fehlentscheidungen, Verzögerungen und Kostenexplosion verantwortlich?

Die Experten des Rechnungshofes werden sich auch mit dem international ausgechriebenen Architektenwettbewerb beschäftigen. Den Auftrag erhielt Albert Wimmer, SPÖ-naher Haus- und Hofarchitekt der Stadt Wien. Er hatte zuvor noch nie ein Spital gebaut, gewann aber gegen 37 Mitbewerber. Wimmer erhielt auch die technische Oberleitung.

Fraglich ist, ob der Rechnungshof auch das Thema medizintechnischen Großgeräte unter die Lupe nehmen wird. Die Auftragsvergaben werden von Insidern massiv kritisiert. Die FPÖ hat den Bereich allerdings nicht speziell in ihrem Fragenkatalog aufgelistet.

Finanzierung

In den Prognosen des KAV sind die Finanzierungskosten für das „Wohlfühlspital“ nicht enthalten. Der KAV weigerte sich bis dato, diese öffentlich bekannt zu geben. Jetzt soll der Rechnungshof die Finanzierungskosten eruieren.

Das Projekt war auf Ansuchen der FPÖ bereits vom Stadtrechnungshof (ehemaliges Kontrollamt der Stadt) geprüft worden. Die Rathaus-Kontrollore bestätigten Anfang 2015, dass die internen und externen Kontrollen ausreichend seien. Warum aber fliegen dann Kosten und Zeitplan davon? Die städtischen Prüfer sorgten sich lediglich um die Finanzierung, 300 Millionen Euro würden noch für die Ausfinanzierung fehlen.

Nicht anzunehmen, dass der Bundes-Rechnungshof ebenso milde beurteilen wird.

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